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Studentische Dekadenz

von ruprecht
27. Januar 2015
in Startseite, Weltweit
Lesedauer: 2 Minuten
0
Studentische Dekadenz

Schnittiger Auftritt – Cameron und Johnson unter Freunden. Foto: Gillman & Soame

Oxfords Studenten gelten als reich, abgehoben und verwöhnt. Was ist dran am schlechten Ruf und woher kommt er?

Hartnäckig halten sich die Gerüchte über die schnöseligen Studenten Oxfords. Wer sich die imposante Collegekulisse der Innenstadt vergegenwärtigt, gelangt schnell zu einem romantisierten Bild von einer englischen Studentendekadenz. Doch so wie eigentlich immer sollte man es unterlassen, eine große, heterogene Gruppe mit wenigen Adjektiven zu beschreiben. Die Frage nach dem Ursprung des schlechten Rufs bleibt jedoch bestehen.
Dass der Vorwurf bereits historische Wurzeln hat, wird schnell auf einer Stadttour klar. Nur zu gerne redet unser Stadtführer, ein recht bodenständiger Student, über einen der dunkelsten Tage Oxfords: den St. Scholastica´s Day Riot am 10. Februar 1355. Der berüchtigte Aufstand nahm seinen Anfang in der Swindlestock Tavern.
Zwei Studenten begingen den verhängnisvollen Fehler, sich über die Qualität des Biers zu beschweren. Es folgte ein Streit mit dem Besitzer, der darin endete, dass die beiden Studenten den angeblich geschmacklosen Inhalt ihrer Krüge eben jenem Tavernenbesitzer ins Gesicht schütteten. Angestachelt von diesem Affront, versammelte der sichtlich beleidigte Eigentümer einen wütenden Mob. Da die Studenten Oxfords bei vielen Stadtbewohnern schon damals als herrisch und verwöhnt galten und tatsächlich zu großen Teilen aus reichen, adeligen Familien stammten, war der Rückhalt groß. Viele sahen eine gute Gelegenheit, angestauter Frustration Luft zu machen und den ständig zechenden Studenten aus gutem Hause eine Lektion zu erteilen. Es entbrannte ein bewaffneter Konflikt, der in einem Blutbad endete. Etwa 90 Menschen fielen den Ausschreitungen auf beiden Seiten damals zum Opfer.
Auch in der jüngeren Zeitgeschichte kennt unser Stadtführer Geschichten über die Eskapaden reicher Studenten aus Oxford. So kam schnell das Wort auf den Bullingdon Club, eine inoffizielle, 200 Jahre alte Verbindung, die lediglich den reichsten männlichen Studenten offensteht, und bekannt ist für ihre unorthodoxen Traditionen. So erlangte der Club Berühmtheit für seine sündhaft teuren Dinner Partys und Alkoholexzesse, bei denen die Mitglieder gerne das gesamte Geschirr sowie die Einrichtung der jeweiligen Gaststätte zerstören, um anschließend mit einem üppigen Trinkgeld wieder für die Schäden aufzukommen. Londons Bürgermeister Boris Johnson sowie Premierminister David Cameron zählen zu den wenig sympathischen Mitgliedern und prägten das Image des Clubs sowie der Studenten Oxfords. Auch der 2014 erschienene Film ‚The Riot Club‘, dessen gleichnamiger Studentenverein sich an den Bullingdon Club anlehnt, verbessert den Ruf von Oxfords akademischem Nachwuchs freilich nicht. Der Untertitel ‚Verwöhnt. Reich. Sexy. Verdorben.‘ tut sein Übriges.
Wer in der Gegenwart durch Oxfords Innenstadt streift und aktiv nach diesen poshen Studenten Ausschau hält, der mag sich mancherorts bestätigt fühlen. Lebende Stereotypen existieren durchaus und fallen bevorzugt ins Auge. Sie verschleiern aber das weitaus diversere Bild der gesamten Studentenschaft. So kommt es mitunter vor, dass man sich im Supermarkt einem gänzlich unposhen Studenten in gelbem Pokémoneinteiler gegenübersieht, der bemüht alltäglich seine Einkäufe erledigt. Auch dieser gelbe Zeitgenosse gehört zu den Studenten Oxfords und vervollständigt mit all den anderen Verwöhnten und nicht so Verwöhnten ein weitaus größeres Ganzes.

von Arne Schoch

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