In den Fünfzigern begeisterte der Heidelberger Filmclub mit seiner Plakatkunst. Mit den bunten Postern beschäftigt sich die von Studierenden kuratierte Ausstellung im Universitätsmuseum.
[dropcap]I[/dropcap]n intimer Atmosphäre zeigt das Universitätsmuseum derzeit „Film Plakat Kunst: Dietrich Lehmann und der Heidelberger Filmclub der 50er Jahre“, eine Ausstellung über die Plakate des Heidelberger Filmclubs aus dem Jahre 1954. Dahinter verbirgt sich eine sehr beeindruckende und persönliche Leistung von 15 Studierenden des Instituts für europäische Kunstgeschichte unter der Leitung ihres Dozenten Henry Keazor.
Wahrscheinlich ist es der Traum eines jeden Studenten, den Keazor in seinem sehr praktisch angelegten Seminar erfüllt hat, sich mit mehr Praxis dem Seminarinhalt zu widmen. Sein Seminar beschäftigte sich deshalb mit den Filmplakaten von Dietrich Lehmann, der an der Universität Heidelberg Medizin studierte. Sein Studium finanzierte er durch das Malen von Plakaten für Veranstaltungen der Uni und dem Heidelberger Filmclub. Die Filmplakate boten die Möglichkeit, sich mit einzelnen Plakaten, wie dem Filmplakat zu Rashomon (1950), zu beschäftigen. Dabei galt es zu untersuchen, inwieweit die Grafik als Gestaltungsgegenstand funktioniert, während andere Seminarteilnehmer historische Beiträge zur Entwicklung des Films, der Filmclubs oder Dietrich Lehmann leisteten. Sie hatten dabei die Möglichkeit mit den Angehörigen Lehmanns zu sprechen, selbständig in Archiven zu forschen und Zeitzeugen aus dem Filmclub zu interviewen. Dies ermöglichte eine selbstständige Forschung, die auch für Masterstudenten nicht selbstverständlich ist. Dieses persönliche Engagement spiegelt sich in der Ausstellung wider. So präsentiert sie sehr überlegt die bunten Plakate und Dokumente des Filmclubs und setzt sie zueinander in Beziehung. Eröffnet wird der Rundgang durch eine Reise durch die Filmgeschichte von ihrem Beginn bis in das Jahr 1960 und der Entwicklung der Filmclubs in Deutschland, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg nach französischem Vorbild in Deutschland verbreiteten. Darunter war der Heidelberger Filmclub der erste studentisch gegründete Club.
Anschließend zeigt sich eine Vitrine zur Geschichte des Heidelberger Filmclubs. Zu sehen ist zudem die Öffnung des Filmclubs in den Fünfziger Jahren für Mitglieder aus der ganzen Stadt, sodass der Filmclub 1953 fast 1000 Mitglieder verzeichnete. Auf einer Karte von Heidelberg wird die ehemalige Kinodichte aufgeführt, worauf allein in der Hauptstraße ganze fünf Kinos angegeben sind. Kein Wunder, denn zu dieser Zeit waren Haushalte noch nicht mit Fernsehern ausgestattet. 1958 kamen daher auf 1000 Einwohner ganze 72 Kinosessel.
Dietrich Lehmanns Leben stellten die Studierenden geschickt aus zwei verschiedenen Perspektiven dar. So zeigen sich auf der einen Seite einer gläsernen Vitrine Einblicke in sein Leben als Medizinstudent. Doch betrachtet man die Vitrine von der anderen Seite, zeigen sich Skizzen und Übungen, die seine bereits frühe Faszination für das künstlerische Schaffen widerspiegeln. Auflockerung erfährt die Ausstellung durch die Filmplakate, die zwischen den Vitrinen zu tanzen scheinen. Lehmann beachtete die Grundlagen der Veranstaltungsillustration und legte sie auf eine Fernwirkung an.
Die Plakate werden von Kontrasten aus Knallfarben bestimmt. Sie sind schlicht und wenig bildlich. Die Schrift in Verbindung mit der Farbe bestimmt die damit verbundene Illusion. Wo die Plakate ursprünglich hingen, ist nicht bekannt, Zeitzeugen berichteten von der Mensa und schwarzen Brettern. Der Filmclub zeigte damals historisch und künstlerisch anspruchsvolle Filme, die heute zum Teil kaum noch bekannt sind oder inzwischen als Klassiker gelten, wie „Metropolis“ und „Im Westen nichts Neues“, deren Plakate die Ausstellung zieren. Begleitet wird die Ausstellung, die noch bis April 2018 zu sehen ist, von einer Vortragsreihe der Studierenden zu ausgewählten Terminen am Donnerstagmittag. Auch wurde der Film „Metropolis“ im Karlstorkino gezeigt. Durch die hohe Nachfrage soll zukünftig der Heidelberger Filmclub wiederbelebt werden.
Von Maren Kaps
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Begleitprogramm zur Ausstellung
Kurzführungen, donnerstags, 13 Uhr s.t., Dauer: 15 Min.
9. November 2017 – Heidelberg eine Kinohauptstadt?
Lea Cloos
23. November 2017 – Filmplakate als Kunst
Nadine Schwuchow
7. Dezember 2017 – Schrift als Bild? Dietrich Lehmanns Plakat zu Rashomon
Laura Rehme
11. Januar 2018 – Geschichte des Films und Filmclubs in Westdeutschland
Maximilian Kraemer
Moritz Schwörer
25. Januar 2018 – Der Heidelberger Filmclub
Aliena Guggenberger
Mehr dazu im Ausstellungskatalog auf arthistoricum.net
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