Wie lässt sich ehrenamtliches Engagement bei der Feuerwehr mit dem Unialltag vereinbaren? Zwei Studenten berichten.
[dropcap]E[/dropcap]r kann theoretisch jeden Moment losgehen, der Pager, den Alexander Stadler in seiner Tasche hat. Zehn Minuten nach Eintreffen des Notrufs in der Zentrale sollten höchstens vergehen, bis das erste Feuerwehrauto am Notfallort ankommt – so die graue Theorie. Alexander ist Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, bei einem Notruf zählt jede Sekunde. Damit dieses ambitionierte Ziel erreicht werden kann, braucht es in jedem Stadtteil mindestens eine Abteilung der Feuerwehr. In Heidelberg gibt es acht Abteilungen der Freiwilligen Feuerwehr, von Rohrbach bis Ziegelhausen. „Als Student ist man am flexibelsten, was Einsätze angeht“, erzählt Alexander, der bei der Freiwilligen Feuerwehr in Neuenheim aktiv ist und Physik studiert. Aus einer Vorlesung zu verschwinden, sei natürlich einfacher, als dies im Berufsleben zu tun. In Heidelberg sind etwa zwanzig Prozent der ehrenamtlichen Feuerwehrleute an der Uni Heidelberg eingeschrieben. „Man verlässt den ‚akademischen Elfenbeinturm‘ und trifft bei der Feuerwehr auf einen Querschnitt durch die Gesellschaft“, so beschreibt es Laurids Novak. Der 28-Jährige ist auch nach seinem Studium der Economics und Geographie der Freiwilligen Feuerwehr treu geblieben. „Man kann praktisch anderen helfen, das war im Gegensatz zum üblichen theoretischen Unialltag meist sehr erfrischend.“
Ab 17 Jahren kann man die 54- stündige Grundausbildung absolvieren, in welcher man in wenigen Einheiten das Basiswissen vermittelt bekommt. Sie berechtigt zu Hilfs- und Löscheinsätzen außerhalb von verrauchten Räumen; für den Umgang mit dem Atemschutzgerät ist ein weiterer Lehrgang nötig. Es können beliebig viele „Fortbildungen“ besucht werden, die für speziellere Einsätze vorausgesetzt werden, für Gefahrstoffeinsätze beispielsweise. Interessierte müssen auch keine Kosten fürchten: Für Ausbildung sowie Ausrüstung kommt die Stadt Heidelberg auf.
Freiwillige Feuerwehrtruppen haben eine lange Tradtition. Die wohl älteste deutsche Freiwillige Feuerwehr wurde 1811 im saarländischen Saarlouis gegründet. In Heidelberg engagieren sich etwa 400 Freiwillige bei der Feuerwehr, viermal so viele, wie es hauptamtliche Feuerwehrleute gibt. Bundesweit sind laut Deutschem Feuerwehrverband etwa eine Millionen Männer und Frauen ehrenamtlich als Feuerwehrleute tätig.
Als Freiwillige Feuerwehr sei man hinter der Berufsfeuerwehr zwar in der Regel nur die „zweite Hut“, berichtet Laurids. Dennoch funktioniere die Zusammenarbeit meistens gut, gerade weil es weitaus mehr Freiwillige als Hauptberufliche gibt und die Stadt somit auf sie angewiesen ist. Dementsprechend freuen sich die Abteilungen immer über „Nachwuchs“: In Neuenheim sind es rund 30 freiwillige Feuerwehrleute, was im Verhältnis zum ganzen Stadtteil mit 14 000 Einwohnern natürlich wenig ist.
Wie kann man seinen Alltag gestalten mit dem Wissen, quasi immer auf Abruf bereitzustehen? „Relativ problemlos“, meint Alexander. Im vergangenen Jahr gab es 69 Einsätze, also etwa einmal die Woche piepst das Alarmgerät der Freiwilligen. Dann wird per Handyapp geklärt, wer zum Einsatz kommen kann, und sobald eines der Fahrzeuge ausreichend besetzt ist, geht es los. Fehlalarme kämen häufig vor, und „das vergessene Essen auf dem Herd ist Standard“, so Alexander. Aber auch große, verheerende Brände sind nicht selten.
Prinzipiell kann jeder einsteigen, der Lust hat; zuverlässig und zu Teamarbeit fähig sollte man aber sein. Allzu viel Zeit müsse man nach dem Grundlagenunterricht nicht investieren: Jeden zweiten Donnerstagabend trifft sich die Neuenheimer Abteilung zur Übung auf der Wache, bei der Löscheinsätze und andere Szenarien, aber auch wichtige theoretische Grundlagen geprobt werden; ähnlich halten es auch die anderen Abteilungen.
„Es ist mehr ein Hobby als eine Verpflichtung“, meint Alexander. Und, so Laurids: „Man lernt auch viel über sich selbst, wie man in Extremsituationen unter Stress handelt und Entscheidungen im Angesicht von Gefahren trifft.“
Von Johanna Lübke
[box type=”shadow” ]Infos für Interessierte findet Ihr unter www.feuerwehr-heidelberg.de/mitmachen.[/box]