Im Gespräch mit Norbert Hornig, zuständig für die Friedhöfe in Heidelberg
Seit einigen Jahren finden Totengräber bei der Neubelegung alter Gräber nicht verweste Leichen, sogenannte Wachsleichen. Wie entstehen diese?
Das Phänomen Wachsleiche entsteht in der Regel durch eine Verdichtung im Boden, die einen geregelten Wasserabfluss verhindert. Der Verwesungsprozess wird dadurch verhindert, dass der eigentlich notwendige Wasserentzug des Leichnams nicht stattfindet.
Somit wird auch kein oder nicht genügend Sauerstoff zugeführt. Die Folge ist eine Umbildung der Körperfette in sogenannte Adipociren, eine wachsähnliche Schutzschicht, die den gewünschten Fäulnisprozess abbricht.
Gibt es das Problem auch auf Heidelberger Friedhöfen?
Auch wir haben tatsächlich auf verschiedenen Friedhöfen sogenannte „Wachsleichen“ gefunden. Glücklicherweise kommt das in Heidelberg aufgrund der hiesigen Bodenverhältnisse selten vor und wenn es vorkommt, dann nur in bestimmten Bereichen.
Wie wird damit umgegangen, also werden die Leichen dann tiefer bestattet, verbrannt oder umgesetzt?
Für unsere Mitarbeiter ist das, wie man sich sicher vorstellen kann, eine unangenehme Situation. Der nicht verweste Leichnam muss zunächst aus dem Grab entnommen werden, damit Maßnahmen zur Trockenlegung der Grabstätte durchgeführt werden können. In der Regel genügt es, eine Drainage zu legen.
Der nicht verweste Leichnam wird dann wieder, allerdings tiefer, in der Grabstätte beigesetzt. In Absprache mit den Nutzungsberechtigten wird gelegentlich auch auf die weitere Nutzung der Grabstätte verzichtet.
Können die Leichen, um die sich eine Wachsschicht gebildet hat, nach dem Legen einer Drainage verwesen? Wenn ja, dauert der Verwesungsprozess dann länger?
Nach dem, was ich gelesen habe, ist der natürliche Verwesungsprozess durch die Umwandlung der Körperfette in Lipidien stark unterbrochen. Nach der Drainierung, also der Trockenlegung der Grabstätte, ist damit zu rechnen, dass es eine lange Zeit braucht, um den Verwesungsprozess in Gang zu setzen. In Heidelberg haben wir das nicht durch „Nachgrabungen“ überprüft, rechnen allerdings damit, dass im Laufe der Zeit der Prozess in Gang gesetzt wird. Wie lange das dauert, ist aber unklar.
Und was können Privatpersonen tun? Hilft es beispielsweise einen Sarg aus Pappe zu verwenden?
Ein Sarg aus Pappe wäre sicher nur eine Lösung, die möglicherweise die Verwesungszeit beeinflussen könnte. Das Problem ist ja nicht der Sarg, sondern die Tatsache, dass das Wasser nicht abfließen kann.
Das Gespräch führte Esther Lehnardt