Die Auswirkungen der neuen Studiengebühren für internationale Studierende zeigen sich nun auch deutlich an der Universität Heidelberg. Die Zahlen der Neueinschreibungen brechen um mehr als ein Drittel ein.
Das hat gesessen: Nach Informationen der Universität haben sich im Vergleich zum letzten Wintersemester 37,3 Prozent weniger Studierende aus Nicht-EU-Ländern immatrikuliert. Von 458 Einschreibungen im Halbjahr 2016/17 sank die Zahl im aktuellen Semester auf 287 Studierende. Dies ist der stärkste Rückgang im Vergleich der baden-württembergischen Hochschulen.
Insgesamt studieren derzeit ungefähr 30 000 Menschen an der Universität Heidelberg, darunter ca. 5600 aus Staaten der EU und dem Nicht-EU-Ausland. Unter Letzteren sind 96 Personen durch Ausnahmeregelungen von der Gebühr ausgenommen.
Erste Erhebungen der Immatrikulationszahlen in Baden-Württemberg, dem bundesweit einzigen Land mit dieser Gebührenregelung, verzeichnen einen Rückgang von 21,6 Prozent über verschiedene Hochschularten hinweg. Die Unterschiede sind teilweise erheblich. So wird das Niveau an Kunst- und Musikhochschulen annähernd gehalten, hier beträgt der durchschnittliche Rückgang 3,2 Prozent. Einen Einbruch von 23,1 Prozent sehen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Bei den Pädagogischen Hochschulen zeigt sich mit einem Zuwachs von 7 Prozent sogar ein leicht umgekehrter Effekt.
Studierende aus dem EU-Ausland sind für den Hochschulbesuch in Baden-Württemberg seit Beginn des Wintersemesters zu Gebühren von 3000 Euro pro Jahr verpflichtet. Somit nahm die Regierung die Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren aus dem Jahr 2012 teilweise zurück. Begründet wurde dies mit dem Verweis auf fehlende Mittel für eine bessere Betreuung. Die Internationalisierung der Hochschulen solle aber weiterhin auf hohem Niveau gefördert werden.
Bernhard Eitel, Rektor der Universität Heidelberg, begrüßte in einem Interview mit der RNZ die Einführung der Studiengebühren. Des Weiteren meinte er, könnten die früheren allgemeinen Studiengebühren wieder Modell für zukünftige Entwicklungen werden. Auch aus Sicht des Grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann stellt dieser Aspekt kein größeres Problem dar, schließlich seien die Gebühren „moderat und sozial verträglich“. Auch die Attraktivität des Bundeslandes bleibe, von dieser Neuregelung unberührt, weiterhin hoch.
Stimmen gegen die neuen Gebühren erhoben sich dagegen jüngst vom Deutschen Studentenwerk, einem Verband aus 58 Studenten- und Studierendenwerken. Auf einer Mitgliederversammlung am 6. Dezember 2017 sprachen sich die Delegierten gegen die Regelung aus und forderten von den Ländern Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, wo Studiengebühren bald ebenfalls Realität werden könnten, darauf zu verzichten. Der Generalsekretär erklärte: „Studiengebühren sind der falsche Weg zu einer auskömmlichen Hochschulfinanzierung.“ Das sei die Verantwortung des Staates, nicht der Studierenden – „ob sie nun aus Deutschland, einem EU-Land oder von außerhalb der EU kommen.“
Weiterhin liefe die Gebührenpflicht der Internationalisierungsstrategie Deutschlands zuwider, da sie eine weitere Hürde beim Hochschulzugang bedeute. Auch sei die finanzielle Belastung nicht zu unterschätzen, Studierenden aus Drittstaaten stehen im Durchschnitt 115 Euro pro Monat weniger zur Verfügung als Inländern. Die Änderung des Gesetzes war seit ihrer Bekanntgabe von Demonstrationen begleitet. Bei einer landesweiten Aktion im Dezember 2016 versammelten sich in Heidelberg ungefähr 500 Teilnehmende. Sie warfen der Landesregierung vor, die Mehreinnahmen vor allem zum Stopfen der Haushaltslöcher der Landeskassen zu nutzen.
Tatsächlich erhalten die Hochschulen 300 Euro je eingenommener Gebühr, der Rest soll einen Beitrag zu strukturellen Mehreinnahmen des Landes leisten. Dies sei laut Regierungsentwurf vom Februar 2017 die bessere Alternative zu strukturellen Einsparungen, welche Qualität und Kapazitäten der Hochschullehre gefährden könnten. Eine Studie des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes aus dem Jahr 2014 zeigt eine andere Perspektive auf internationale Studierende. Demnach amortisieren sich die Kosten der öffentlichen Hand bereits, wenn 30 Prozent der Absolventen für fünf Jahre in Deutschland bleiben.
Ob die aktuellen Zahlen allerdings einen längerfristigen Trend widerspiegeln, lasse sich bisher kaum sagen, so die Universität. Auch Informationen zu bestimmten Studiengängen oder Herkunftsländern können erst im Frühjahr 2018 vorgelegt werden.
Von Nele Bianga