Abgeriegelte Müllplätze, tägliches Waschmaschinenchaos und streng bewachte Nachtruhe: Ein Erfahrungsbericht
Die Wohnsituation in Heidelberg als angespannt zu bezeichnen, ist vorsichtig formuliert untertrieben. Wer einen Platz im Studentenwohnheim ergattert hat, kann deshalb von Glück reden. Denn das Studentenwerk hat mit über 50 Wohnheimen nur Kapazitäten für 13 Prozent der über 30. 000 Studenten. Ob in Zweier- oder Sechser-WGs, im Einzelzimmer mit Stockwerksküche oder im internationalen Wohnheim, der Wohnraum ist unschlagbar günstig und begehrt.
In Siedlungen wie dem Neuenheimer Feld leben Studenten in einer Art Parallelwelt mit eigenen Regeln, Reizen und Ritualen. Um beispielsweise den Müllplatz zu betreten, ist eine Schlüsselkarte nötig, die man gegen Kaution und Bescheinigung über den Wohnsitz beim Hausmeister erhält. Dies soll verhindern, dass Externe die Anlage nutzen. In der Tat ist die Müllhalde seither ein viel reinlicherer und angenehmerer Aufenthaltsort geworden. Zumal das Zielen beim Mülltüten-über-den-Zaun-werfen, wenn man seine Karte vergessen hat, immer besser klappt. Übung macht den Meister: Der gewissenhafte Student bringt seinen Müll mehrmals pro Woche zu den großen Tonnen, denn das Lagern von Müll vor den Wohnungstüren ist aus Brandschutzgründen verboten.
Von Brandschutz kaum eine Spur – die Initiative der Bewohner ist gefragt
Das Verbot bietet praktischerweise auch einen adäquaten Ersatz für das Anbringen von Rauchmeldern. Diese sind zwar in Baden-Württemberg ab Januar 2015 Pflicht, wurden jedoch in den Wohnheimen bisher nicht eingebaut. Die Erfahrung rechtfertigt die Praxis. Erst Ende letzten Jahres vergaß ein Student seinen Schnellkochtopf auf dem Herd. Doch durch die starke Rauchentwicklung, die bis ins Treppenhaus drang, wurden die Nachbarn alarmiert und konnten den schlafenden Mitbewohner durch energisches Klingeln wecken, bevor die Feuerwehr eingetroffen war. Zum Glück funktioniert dieses ausgeklügelte System. Im Falle eines Brandes können Bewohner durch das Treppenhaus evakuiert werden. Notausgänge existieren nämlich nicht, und zugegebenermaßen ist aus dem Fenster zu springen oberhalb des zweiten Stockes eine gewagte Option.
Werden den Studenten in Sachen Brandschutz weitreichende Selbstverwaltungsrechte eingeräumt, so sind andere Bereiche des studentischen Lebens fast überreguliert. Ein Paradebeispiel ist die Waschmaschinensituation. Um mit acht Waschmaschinen, von denen immerhin durchschnittlich die Hälfte funktioniert, 2781 Studenten zu versorgen, ist gute Organisation unabdingbar. Dazu gehört, dass der Waschsalon im Keller des Gebäudes INF 684 durch ein Hochsicherheitssystem ähnlich dem des Müllplatzes gesichert ist. Nur Besitzer der genannten Schlüsselkarten haben Zugang. Mit dieser Maßnahme soll unangemessen langen Wartezeiten entgegengewirkt werden. Mit beträchtlichem Erfolg, wie man sich denken kann: Selbst wer gegen vier Uhr morgens nach einer langen Nacht das Bedürfnis verspürt, seine Wäsche zu waschen, muss höchstens eine Stunde auf die nächste freie Waschmaschine warten. Zu den Stoßzeiten zwischen sechs Uhr morgens und Mitternacht müssen gegebenenfalls längere Wartezeiten in Kauf genommen werden.
Überhaupt ist Zeitmanagement das A und O zur erfolgreichen Bewältigung des Alltags. In unregelmäßigen Abständen von zwei bis vier Wochen stattfindende Baumaßnahmen, die aus ungeklärten Gründen stets mit der Unterbrechung der Wasserversorgung einhergehen, werden in der Regel bis zu zwei Tage im Voraus angekündigt. Dann liest man präzise Ankündigungen wie: „Liebe Mieterinnen und Mieter, wir weisen darauf hin, dass in der Zeit vom 16. Januar bis 17. Februar kurzzeitig die Wasserversorgung unterbrochen wird. Wir bitten um Ihr Verständnis.“ Immerhin ermöglicht es das Eingrenzen des Zeitraumes auf gerade mal vier Wochen, notfalls zu duschen, bevor das Wasser abgestellt wird.
25 Euro kostet die Nutzung der Gemeinschaftsräume
Vor Waschmaschinenchaos und Müllentsorgung assoziiert man mit Studentenwohnheimen spontane WG-Partys und wilde Feierei. Wer in einem der Wohnheimblöcke im Neuenheimer Feld feiern will, muss dies rechtzeitig anmelden. Gegen eine Kaution von 100 Euro dürfen die Gemeinschaftsräume genutzt werden, wobei 25 Euro Nutzungsgebühr anfallen. Dafür erhält der Verantwortliche einen Schlüssel und muss den Raum pünktlich am nächsten Morgen sauber und aufgeräumt hinterlassen. Leider führten diese strengen Auflagen in der Vergangenheit zu diversen inoffiziellen Schlüsselübergaben, so dass die Verantwortlichen einer besonders erfolgreich durchfeierten Nacht, die mit der Zerlegung des Gemeinschaftsraums endete, nicht identifiziert werden konnten. In der Konsequenz sind die Räume auf unbegrenzte Zeit verriegelt und die Schlüssel eingezogen.
Kein Problem, könnte man meinen, dann feiert man im Waschsalon, wo die potentiellen Partygäste freitagabends ohnehin versammelt sind. Alternativ steigt das Fest in der Zweier-WG. Schließlich können die besten Partys in 13 Quadratmeter-Zimmern stattfinden, die Küche existiert auch noch, nicht zu vergessen Flur und Treppenhaus. Wäre da nicht der neu eingeführte Sicherheitsdienst, der für die Einhaltung der Nachtruhe ab zehn Uhr abends eintritt.
Die Alternative zur Siedlungsparty wird ausschließlich von den Hausmeistern besucht
Aufschlussreich ist andererseits, dass viele Beschwerden über Ruhestörung von den Studenten selbst stammen. Woher kommt diese Mentalität? Die Siedlungsparty findet nach den Eskalationen der vergangenen Jahren, in denen sie regelmäßig von der Polizei aufgelöst wurde, nicht mehr statt. Die Alternative im letzten Semester, ein Glühweinstand an einem verregneten Nachmittag, wurde lediglich von den Hausmeistern besucht.
Dafür finden sich am schwarzen Brett eines Wohnheimes Aufrufe zur Organisation eines Spieleabends. Zur Verfügung stehen Kartenspiele, Tabu und Ubongo. Es dürfen ausschließlich Bewohner der Siedlung teilnehmen, wobei die Teilnehmerzahl begrenzt ist und um vorhergehende rechtzeitige Anmeldung per Email gebeten wird. Selbstverständlich unter Angabe des gewünschten Termins, der Hausnummer, des Studiengangs, Transcript of Records, der Schuhgröße sowie Selbsteinschätzung der persönlichen Mensch-ärgere-dich-nicht-Fähigkeiten auf einer Skala von eins bis zehn, um leistungshomogene Gruppen zu bilden. Hunde und Studenten aus fremden Wohnheimen müssen leider draußen bleiben.
von Janina Schuhmacher
Natürlich gibt es einige Makel in den Wohnheimen, dies ist nicht zu bestreiten. Auch was das soziale Leben betrifft trifft der ruprecht fast auf den Punkt. Es ist sicher nicht so, dass wir eine weitere Kaution hinterlegen mussten um die “Müllkarte” zu erhalten, wie es in diesem Artikel bei mir zumindest zu vermitteln scheint. An die Redaktion: Es scheint schon lustig zu sein, dass man übertreibt, aber das hat keinen Nutzen aus meiner Sicht, zudem gehört dieser Artikel eindeutig in die Satireabteilung. Ich muss ehrlich sagen, gefreut mich dieser Artikel nicht. Die Übertreibungen haben den Ernst der Lage einfach zerstört.
Fazit: Klar es muss sich etwas verbessern, die Bewohner sind auch gefragt, aber hilfreich finde ich diesen Artikel jetzt nicht wirklich. Dieser klärt höchstens über einige Umstände (manche betreffen alle Bewohner, klar) hier auf.
Ich wohne in dem Milkahaus 521. Bis Januar 2013 hieß es, das Haus wird abgerissen. Natürlich wurde ich zu meinem Einzug im Oktober 2012 nicht darüber informiert, warum auch. Das Studentenwerk besitzt ja so viele freie Zimmer, sie würden uns sicher alle irgendwie umquartieren können. Soweit ist es ja nun zum Glück – oder leider – nicht gekommen. Angeblich sei damals der Investor abgesprungen. Jedenfalls: Unser Haus steht noch. Nun kam das Studentenwerk um Renovierungsarbeiten, welche wegen dem geplanten Häuserabriss nicht durchgeführt wurden, nicht mehr herum. Wie haben wir uns darauf gefreut: Endlich wird was geschehen. Es kann nur besser werden. Mann, haben wir uns geirrt! In dem vor Schimmel strotzenden Bädern wurde nur auf unser Drängen hin etwas unternommen. Dabei fand man Nagetierschmarotzer unter der Dusche. Nun stellt euch mal vor: Ihr habt jedes mal zusammen mit einer toten Ratte geduscht, und da das Wasser nicht ablief, nicht nur in eurem Dreck gestanden, sondern auch im dem von …
Aber was im Bad nur notdürftig kosmetisch erledigt wurde, hat das Studentenwerk doppelt und dreifach in die Küche investiert. Hier wurden die Kühlschränke erneuert: Aus unseren alten knarrenden wurde neue, in die viel weniger reinpasst. Wir erhielten weiterhin neue Herdplatten und eine neue Arbeitsplatte. Das der Kühlschrank viel zu klein ist und daher eine Lücke zwischen Arbeitsplatte und Kühlschrank bleibt, ist ein Schönheitsmakel, über den wir doch einfach hinwegsehen sollten. Weiterhin wurden die Küchenhängeschränke erneuert. Oh, diese Küchenschränke.
Für deren Montage hat das Studentenwerk Arbeiter engagiert, die sonstwoher stammten, nur gebrochen Deutsch und Englisch sprachen, und für eine offenbar geringe oder günstige Bezahlung eine richtig schlechte Arbeit abgeliefert haben. Denn bei der Montage wurden scharfkantige Ecken und hervorstehende Schrauben im Schrank zurückgelassen, so dass sich ein ahnungsloser unvorsichtiger Student daran schnitt. Ebenso soll ein Hängeschrank heruntergekracht sein. Das war der Grund, warum das Studentenwerk samt Handwerker für drei Monate beinahe wöchentlich bei uns auf der Matte stand, um diese Hängeschränke wieder und wieder und wieder zu reparieren. Aber dafür hängen sie nun schöner denn je in unserer Küche. Im übrigen haben wir seit letzter Woche in sämtlichen Zimmern Rauchmelder. Dabei kann ich mich, so lange ich hier wohne, nicht daran erinnern, dass es jemals zu Rauchentwicklung oder einem Brandvorfall kam. Aber sicher ist sicher.
Nochmal zurück zur Küche. Die Zeit und Energie, die das Studentenwerk in die hochgefährlichen Küchenschränke gesteckt hat, hätte sie ruhig in unsere Küchenspüle investieren können. Denn die funktioniert bei uns leider nicht. Dort hängen vermutlich noch Essens- oder Nagetierreste vom Baubeginn 1990 drin. Leider sind diese nicht so scharfkantig, so dass wir uns bisher noch nicht daran verletzt haben. Ob dem Studentenwerk ein fingierter Hautausschlag reicht, um in Zukunft nicht nur einmal in der Woche den Hausmeister mit Pimpel und Rohrreiniger zu uns schicken, sondern endlich mal die komplette Spüle samt Rohr und Wasseranschluss auszubessern? Ein Hautausschlag ist vermutlich zu harmlos.
Fazit: das Studentenwerk bietet vielen Studenten günstige Wohnung, die alles enthält, was man zum Leben braucht. Nur Luxus und Würde werdet ihr hier vergebens suchen.
Rauchmelder werden ab 2015 Pflicht sein, nur zu dem Kommentar vor mir.