Bloß nicht von der schwimmenden Yogamatte fallen! Stand-up Yoga erfordert Balance und Konzentration. Der Hochschulsport bietet die beliebte Wassersportart auf dem Neckar an.
Wie tief ist eigentlich der Neckar? Ich bin beim Bootshaus am Heidelberger Neckarufer und besuche den Unisport Stand-up-Yoga Kurs, kurz SUP-Yoga. Der Himmel ist strahlend blau, die Sonne glitzert im Wasser. Zum Glück habe ich an die Sonnencreme gedacht. Ich stehe am Anleger, das Surfbrett liegt schon im Wasser, das Paddel halte ich in der Hand. Vor dem nächsten Schritt, dem Aufsteigen auf das Surfbrett, habe ich Respekt. Vor den Verrenkungen und Verbiegungen, die dann auf dem Wasser folgen sollen, noch mehr. Gibt es Fische? Gefährliche Strömungen?
Die kleine Gruppe teilt sich die Anlegestelle mit Ruderern und Kanufahrern, die es bei dem strahlenden Wetter ebenso auf das Wasser zieht. Während meine Mitstreiter routiniert auf die Surfbretter steigen, erklärt mir der Yoga-Trainer Roland Glück die Handhabung des Brettes, das sichere Aufsteigen, das Wenden wie auch das Geradeaus-Paddeln. Es sei wie in der Physik. Wahrscheinlich brauche ich deshalb mehrere Anläufe, um die anvisierte Stelle auf dem Fluss zu erreichen.
Alle Teilnehmer paddeln im Stehen in Richtung Neuenheimer Ufer zu einer alten Trauerweide. Das Paddeln geradeaus klappt schon ganz gut, das Lenken braucht jedoch noch etwas Übung. Der starke Wind an diesem Tag macht es nicht einfacher. Ich frage, ob und wie oft die anderen schon in den Neckar gefallen sind. „Zum Glück noch gar nicht!“, lautet die Antwort. Das macht mir Mut.
Am anderen Ufer angekommen, werden die Surfbretter so manövriert, dass sie sternförmig zusammenlaufen. Daraufhin knotet der Yoga-Trainer die Bretter mit einem Seil zusammen und wirft einen Anker. So wird aus der Gruppe Stand-up-Paddler eine schwimmende Insel aus Yogamatten. Beruhigende Musik erklingt, den Umständen angepasst, aus einer wasserdichten Handyhülle. Wir beginnen mit einfachen Übungen in einem stabilen, knienden Sitz. Dazu gehört bewusstes Ein- und Ausatmen, Arme kreisen, Schultern lockern.
Mein Respekt vor dem Wasser hat sich nun gelegt. Mein Brett wird zwar sanft vom Wasser bewegt, doch die anfängliche Angst vor dem Hineinfallen ins Wasser habe ich nicht mehr. Ganz langsam gehen wir aus der knienden Position in den Vierfüßlerstand. Jeder in seinem Tempo. Einatmen. Ich strecke den rechten Arm nach vorne, das linke Bein nach hinten. Ausatmen.
Übungen auf einem schwimmenden Surfbrett, die mir vorher unmöglich erschienen, kann ich nun doch mit einiger Konzentration ausführen. Ich schließe die Augen und besinne mich auf mein Gleichgewicht, ich nehme das leichte Schwanken des Brettes wahr. Ich schaue in die Runde der anderen Teilnehmer, alle scheinen konzentriert, um die Balance zu halten.
Besondere Vorkenntnisse brauche man für Stand-up-Yoga nicht, sagt Roland Glück, man müsse weder besonders sportlich noch gelenkig sein. Es komme nicht darauf an, was der Nebenmann könne, ob er akrobatischer oder sportlicher sei. Vielmehr sei es wichtig, auf sich selbst zu achten, die Übung in der Intensität auszuführen, die einem durch die eigenen Möglichkeiten und auch körperlichen Grenzen gegeben ist. Der Kurs auf dem Neckar verbindet verschiedene Yogapositionen mit Konzentration und Meditation.
Trainiert wird das bewusste Atmen und durch den instabilen Untergrund auch die Balance und Kraft. Die Übungen werden im Sitzen, Liegen und Stehen ausgeführt.
Ursprünglich nutzten polynesische Fischer das aufrechte Stehen in den Kanus zur Fortbewegung auf dem Meer. Surfer auf Hawaii haben sich dann das Stand-up-Paddling zu einer schnelleren Bewegung angeeignet. Seit etwa drei Jahren wird der inzwischen zum Trend gewordene Wassersport auch beim Hochschulsport angeboten. Die Kombination mit Yoga macht das Ganze vielseitig.
Die Position des herabschauenden Hundes ermöglicht mir einen ganz neuen Blick auf die Stadt. Kopfüber sehe ich durch meine Beine hindurch das Wasser, die Altstadt mit dem Schloss und die grünen Berge. Doch die ungewöhnliche Perspektive bringt mich aus dem Gleichgewicht. Schnell schließe ich die Augen und versuche meine Stabilität wieder zu finden.
Statt sich in einer überhitzten Sporthalle unter freiem Himmel zu bewegen, macht diesen Hochschulsport nicht nur zu einem Sport- sondern auch zu einem Naturerlebnis.
Der stressige Unialltag rückt auf dem Wasser bei dem sanften Schaukeln der Wellen, der frischen Luft und der Sonne weit in den Hintergrund. Namaste.
[box type=”shadow” ]Trainingszeiten: Jeden Freitag, jeweils ein Kurs um 16 Uhr und 17:15 Uhr. Treffpunkt ist das Bootshaus Bergheim.
Informationen auf der Webseite des Hochschulsports[/box]
Von Lea Dortschy