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Ein alter Schwede auf der Flucht

von ruprecht
25. März 2014
in Feuilleton, Film & Theater, Startseite
Lesedauer: 3 Minuten
0
Ein alter Schwede auf der Flucht

Der rüstige Allan Karlsson im Kampf gegen kriminelle Verfolger. Bild: Concorde Filmverleih

Ein Koffer mit Geld, ein Elefant und ein tanzender Stalin – Der schwedische Bestseller „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ kommt nun in die Kinos.

Allan Karlssons Leben war explosiv – im wahrsten Sinne des Wortes. Als Sprengstoffexperte war er in Schweden und Spanien, den USA und der Sowjetunion unterwegs, immer ganz dicht am Puls der Weltgeschichte. Nun lebt er im Altersheim, beschließt aber ausgerechnet an seinem hundertsten Geburtstag zu fliehen. So beginnt die abgedrehte Geschichte um einen gestohlen Koffer mit Geld, eine Bande Krimineller und eine so abenteuerliche wie komische Odyssee.
Der Roman „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ von Jonas Jonasson erklomm bereits kurz nach seinem Erscheinen 2009 die Bestsellerlisten. Jetzt wurde das Kultbuch des Schweden verfilmt. Regisseur Felix Herngren hat sich dabei im Wesentlichen an das Buch gehalten und so eine originelle Mischung aus Komödie und Roadmovie hervorgebracht.
Der satirische Sprachstil, der zur Popularität des Buches wesentlich beigetragen haben dürfte, lässt sich im Film naturgemäß nicht wiedergeben. Doch es ist dem Regisseur gelungen, einen Rhythmus zu finden, der gut zu dem Werk passt. Bereits ganz zu Beginn greift er eines der wichtigsten Motive des Films auf: Um den Tod seiner Katze Molotow zu rächen, sprengt Allan Karlsson (Robert Gustafsson) kurzerhand einen streunenden Fuchs mittels präparierter Würste in die Luft und demonstriert damit seine Affinität zu Explosionen. Kurz darauf sitzt er im Altersheim, nur um wenig später daraus zu verschwinden. Am Bahnhof lässt er spontan und mehr oder weniger grundlos einen fremden Koffer mitgehen – der, wie sich herausstellt, bis obenhin voller Geld ist. Und plötzlich wird der eigenwillige Held nicht nur von der Polizei gesucht, sondern auch von einer gemeingefährlichen Gang gejagt, die das Geld eigentlich einem Drogenboss übergeben wollte. Mit ein paar Zufallsbekanntschaften, darunter einer Elefantendame, entschließt er sich zur Flucht, ohne jeden Plan und ohne Ziel.
Die Rückblenden, die sein nicht weniger bewegtes Leben schildern, werden durch Karlssons Stimme aus dem Off eingeleitet – das erleichtert es dem Zuschauer, sofort zwischen Gegenwart und Vergangenheit zu unterscheiden. Man sieht, wie Karlsson durch das zwanzigste Jahrhundert spaziert, mit der selben stoischen Gelassenheit und fast unheimlichen Gleichgültigkeit, mit der er sich auch als Hundertjähriger noch bewegt. Ohne sich für irgendetwas anderes zu interessieren als für Schnaps und Sprengstoff zieht er in den spanischen Bürgerkrieg, rettet zufällig Franco das Leben und hilft in den USA beim Bau der Atombombe mit. Das macht ihn auch für Stalin interessant, der ihn jedoch wenig später ins Arbeitslager Wladiwostok deportieren lässt, das Karlsson natürlich wie so vieles in die Luft jagt – samt der gesamten sowjetischen Pazifikflotte. Den restlichen Kalten Krieg verbringt er dann als Agent für die Amerikaner, nach wie vor an politischen Dingen völlig uninteressiert. Ein Mann ohne Eigenschaften, weder gut noch böse, jedenfalls ohne Reue, mit praktischer Intelligenz, aber einer erstaunlichen Indifferenz, die ihn in einer Welt der Ideologien und der Machtkämpfe seltsam fremd erscheinen lässt. Jemand, der die Gleichgültigkeit zum obersten Prinzip erhoben hat.
Wie das Buch lebt auch der Film von einer Reihe skurriler Einfälle, die Regisseur Herngren noch um ein paar eigene Ideen ergänzt. So ist Karlsson, ohnehin bei allen möglichen wichtigen Ereignissen der Zeitgeschichte dabei, im Film auch noch indirekt am Fall der Berliner Mauer beteiligt. Seine Reisen nach Asien hat man dafür weggelassen, vermutlich, um den Film nicht überborden zu lassen. Zeit für Figurenentwicklung bleibt wenig. Von den Gangstern, die Karlsson verfolgen, ist einer dämlicher als der andere, und auch der Kommissar erscheint als ziemlich tumb und träge. Letztlich lösen sich die Probleme am Ende alle auf, wobei der Schluss logischer erscheint als der im Buch.
So ist der „Hundertjährige“ ein netter, witziger Film, ohne Tiefgang, aber mit Humor, einem Schnelldurchlauf durch das zwanzigste Jahrhundert und einer ganzen Menge origineller Einfälle. Ein Film, der den Zuschauer ebenso wie seinen Protagonisten Karlsson kreuz und quer durch die Gegend führt, ehe er schließlich am Strand von Bali landet.

                                                                                                                                                Von Michael Abschlag

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