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Filmemachen mit der Stimmgabel

von ruprecht
27. März 2015
in Feuilleton, Film & Theater, Literatur, Startseite
Lesedauer: 3 Minuten
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Filmemachen mit der Stimmgabel

"Kino!" von Florian Henckel von Donnersmarck bietet einen unterhaltsamen Einblick in die Filmweld. Bild: Cover, Suhrkamp Verlag

Am Dienstag stellte Filmregisseur Florian Henckel von Donnersmarck („Das Leben der Anderen“) im DAI sein neues Buch vor. Mit „Kino!“ gelingt ihm ein unterhaltsamer und kurzweiliger Blick in die Welt des Films.

Was macht eigentlich Florian Henckel von Donnersmarck? Nachdem der Filmregisseur im Jahr 2007 für sein Spielfilmdebüt „Das Leben der Anderen“ direkt mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet wurde, folgte 2010 die Hollywood-Produktion „The Tourist“. Danach hörte man wenig vom 41-jährigen Deutschen.

Am Dienstagabend las Henckel von Donnersmarck nun im Deutsch-Amerikanischen Institut Heidelberg aus seinem neuen Buch. „Kino!“ ist eine Sammlung von Essays, die meisten davon nicht länger als zwei Seiten.

Die Themen, die Henckel von Donnersmarck bespricht, sind vielfältig: Führt ein gutes Drehbuch zwangsläufig zu einem guten Film? Warum überzeugen dritte Teile in den seltensten Fällen? Was macht gute Filmmusik aus? Den Regisseur versteht der Deutsch-Österreicher als Stimmgabel. Seine Aufgabe sei es, permanent die Tonart des Films zu überprüfen, die Arbeit von Schauspielern wie Kameramännern mit den eigenen Vorstellungen abzugleichen.

Henckel von Donnersmarcks unterhaltsamen Schilderungen liegt vor allem eines zugrunde: Seine große Liebe zum Kino, welche in einem Bewerbungsschreiben für eine Stelle als Regie-Lehrling bei Sir Richard Attenborough maximalen Ausdruck erfährt. Mittlerweile gehe er nur noch ein bis zwei Mal pro Woche ins Kino. Früher seien es eher zwei bis drei Filme pro Tag gewesen, sagte von Donnersmarck – für einen Filmstudenten sei dies ganz normal. Schmunzeln beim Publikum.

Es liegt Henckel von Donnersmarck viel daran, das Kino als Kunstform und Medium mit immenser Aussage- und Berührungskraft zu erhalten. So plädiert er für eine Quote für deutschsprachige Filme. Viele Kinozuschauer entscheiden oft erst an der Kasse, welchen Film sie sich anschauen. Warum nicht ein oder zwei Säle für deutschsprachige Streifen reservieren?

Auch an Schulen könne man mehr über den Film lehren. Gedichtanalysen seien Bestandteil jedes Lehrplans, der Film hingegen käme kürzer. Angetan hat es von Donnersmarck insbesondere das Verbotene am Kino. Für das erste Kinoerlebnis hatte sein Vater einen harmlosen Scherenschnittfilm angedacht, per Zufall landeten sie jedoch in einem Mord- und Erotik-Drama. Der Junge war begeistert und eine Leidenschaft geweckt.

DAI-Direktor Jakob Köllhofer führte im Gespräch mit dem Regisseur durch den Abend. Interessant ist Henckel von Donnersmarck insbesondere deswegen, weil er sowohl die deutsche Filmindustrie als auch den Glamour Hollywoods kennt – und ihre Unterschiede auch fernab vom Faktor Marketing benennen kann. Ungleiche Budgets führen beispielsweise zu einer unterschiedlichen Anzahl an Drehtagen. Je mehr Zeit, desto mehr aufgenommene Einstellungen sind möglich. Daraus resultiert die Möglichkeit einer höheren Schnittrate in Hollywood-Filmen, welche wohl nicht zufällig mit der Blinzelfrequenz des menschlichen Auges übereinstimmt. In Deutschland hingegen, rechnet von Donnersmarck vor, könne man aufgrund der geringeren Zahl an Einstellungen nur etwa alle zwölf Sekunden schneiden. Dies führe dazu, dass deutsche Filme schneller träge wirken. Nur ein Beispiel für detaillierte Branchenkenntnis.

Henckel von Donnersmarck ist dabei keineswegs Feind der amerikanischen Industrie. Es sind eben diese Möglichkeiten, die eine gewisse Faszination ausüben. Die Publikumsfrage nach seinem deutschem Lieblingsfilm – Tom Tykwers „Lola rennt“ – brachte indes mehr Information als die obligatorische Frage nach neuen Projekten. Über ungelegte Eier soll man ja bekanntlich nicht reden.

Man muss mitnichten in allen Punkten konform mit Henckel von Donnersmarck gehen, um Spaß an diesem Buch zu haben. Überdies erkennt man seine Drehbucherfahrung an einem lebendigen und stets mit einem Hauch von Ironie versehenen Schreibstil. Am Ende steht die Erkenntnis, dass „Kino!“ wohl mehr über den Autor selbst aussagt, als über die Kinowelt.

In einem Essay beschreibt von Donnersmarck den Schauspieler als einen Scheinwerfer, der auf einer schwarzen Wand verschiedene Ausschnitte aus dem innersten Wesen seiner Rolle ersichtlich machen kann. Überträgt man dies auf das Buch, steht ein unvollständiges, sich zusammensetzendes Mosaik einer Autobiographie, was in jedem Fall das Prädikat kurzweilig verdient.

von Jesper Klein

[box type=“shadow“ ]„Kino!“ ist für 12 Euro im Suhrkamp Verlag erhältlich.[/box]

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Tags: Florian Henckel von DonnersmarckHollywoodKino

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