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Kritik von *innen

von ruprecht
14. Mai 2019
in Startseite, Studentisches Leben
Lesedauer: 3 Minuten
0
Kritik von *innen

Die Kritischen Jurist*innen fordern auch eine Umbenennung des Palandt-Kommentars. Foto: Colby Alexander Morris

Kleinliche Rebellion oder Aufbruch in die Moderne? Die Kritischen Jurist*innen rütteln an den Grundfesten des Jurastudiums. Unterstützung kommt auch von Dozierendenseite

Wer im juristischen Seminar auf die Toilette geht, hat gute Chancen, von burgunderroten Plakaten an der Kabinentür überrascht zu werden. Diese stellen zum Beispiel die Frage, ob man sich nach § 219a StGB strafbar macht, wenn man eine Liste mit Ärztinnen erstellt, die Abtreibungen vornehmen. Auf einem anderen Plakat begegnet einem der Werdegang von Heinrich Schönfelder, dem ursprünglichen Herausgeber der unverkennbaren roten Gesetzessammlung, die fast alle Jurastudierenden verwenden. Umso schockierender ist es dann, wenn man anhand des Plakats von seiner rechten Gesinnung erfährt. Hinter diesen Aktionen steht die Hochschulgruppe „Kritische Jurist*innen Heidelberg“.

Im November 2018 gegründet, ist diese keine Fortsetzung der gleich benannten studentischen Gruppe, die früher an der Universität tätig war, sondern eine vollständig Neue mit eigenständiger Plattform. Verantwortlich für die Gründung war vor allem Rebecca Militz, die sich mit anderen zusammenschloss, um ihren Kommilitoninnen eine Ergänzung zu den üblichen Lehrveranstaltungen anzubieten. Die neue Plattform bietet Raum dafür, sich kritisch mit aktuellen und praxisrelevanten juristischen Themen auseinanderzusetzen, die kaum Aufmerksamkeit innerhalb der Fakultät erhalten. Nach Gidion Zieten, Mitglied des Organisationsteams, sei eine Ergänzung nicht zuletzt deshalb wichtig, weil die juristische Fakultät der Universität Heidelberg oft als neutral bis konservativ gegenüber den von ihnen diskutierten Themen wahrgenommen werde. Im juristischen Seminar findet alle zwei Wochen ein Plenum statt, bei welchem die Mitglieder Ideen für Aktionen und Arbeitskreise austauschen. Dazu zählt beispielsweise die Umbenennung des Palandt-Kommentars zum Bürgerlichen Gesetzesbuch. Problematisch ist der Name des Kommentars vor allem, weil dessen Namensgeber als einer der einflussreichsten Juristen des Dritten Reiches galt.

Im Rahmen der Aktion hing die Gruppe ein Transparent an die Fassade des juristischen Seminars und verpackte die Palandt-Kommentare in den Bibliotheken in alternative Umschläge. Diese waren mit dem Namen des Verlegers und Juristen jüdischer Herkunft Otto Liebmann, bedruckt, welcher die Vorarbeit für den Kommentar leistete. Zudem wurde in einem Vortrag die Debatte um die Umbennenung des Palandts thematisiert und die Position des Verlegers, C. H. Beck, kritisch beleuchtet. Als weitere Aktion folgte Anfang Mai eine voll besuchte Podiumsdiskussion zum aktuellen Stand des § 219a StGB mit Beiträgen des Strafrechtsprofessors Jan C. Schuhr sowie Vertretern des RCDS, des Vereins pro familia und des Bundes deutscher Juristinnen.

Die Rezeption solcher Aktionen sei bisher überwiegend positiv, sagt Zieten. „Es gibt auf jeden Fall Interesse unter Studierenden, und zwar nicht nur unter links orientierten.“ Es werde nach einem konstruktiven Dialog mit Gruppen jeglicher politischen Ausrichtung gestrebt. Wichtig sei, dass man ernst genommen werde, sowohl von anderen Studierenden als auch der Fakultät selbst.
Unterstützung bekommt die Gruppe insbesondere durch den Leiter des Prüfungsamtes Daniel Kaiser sowie die Professorin und Gleichstellungsbeauftragte der Fakultät Ute Mager. Über die Erlaubniserteilung hinaus kündigt Kaiser mittlerweile die Aktionen fakultätsintern an. Weitere Professorinnen begrüßen das neue Engagement der Studierenden an der Fakultät.

Neben dem gesellschaftspolitischen Diskurs streben die Kritischen Jurist*innen auch eine Verbesserung des Beratungsangebots für die Jurastudierenden an. Insbesondere unterstützen sie die Ausweitung der psychologischen Beratungsstelle innerhalb der Fakultät, welche ihren Schwerpunkt auf Studierende legt, die sich von der Examensvorbereitung überfordert fühlen. In diesem Zusammenhang wurden sie von einer aktuellen Studie des Psychologen Tom Reschke inspiriert, der ein steigendes Stresslevel unter Heidelberger Examenskandidatinnen beobachtete. Weiterhin beabsichtigt die Gruppe, die Bekämpfung von Diskriminierung im Studium durch Förderung von gendergerechter Sprache in Klausuren und Hausarbeiten sowie Anonymisierung bei der Bewertung derselben. Demnächst steht die Teilnahme am „Feministischen Juristinnen*tag“ in Freiburg an, welcher über das „IT’s FuN“-Referat finanziert wird.
„Wir sind optimistisch, was die Zukunft mit sich bringt“, so Zieten. Insbesondere das Niveau des Engagements innerhalb der Studierendenschaft sei sehr lobenswert. Ob die Gruppe in Zukunft Wahllisten erstellen wird, sei noch unklar. „Es geht aber alles in eine sehr positive und vielversprechende Richtung“, meint er.

Von Colby Alexander Morris

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    alternative Wahlplakate
Tags: 219aJuraJurastudiumKritische JuristinnenProtestSchönfelder

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