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Alltag im Maximum

von ruprecht
15. November 2016
in Feuilleton, Kunst, Startseite
Lesedauer: 2 Minuten
0
Alltag im Maximum

Hanno Otten: „Lichtbild 149“ (2003), C-Print Bild: © courtesy the artist

Das Kurpfälzische Museum präsentiert noch bis Januar zeitgenössische Momentaufnahmen im Großformat aus der Sammlung der MLP

Unbeobachtet und natürlich präsentieren sich die Bildmotive Beat Streulis in der aktuellen Sonderausstellung des Kurpfälzischen Museums. Seine großformatig aufgezogenen Fotografien eröffnen den Ausstellungsraum und fesseln mit ganz privaten Einblicken. Was er fotografiert ist nichts Außergewöhnliches. Keine Berühmtheiten oder sensationellen Ereignisse.

Es sind Ansichten von Studenten in alltäglichen Situationen, unbeobachtet im Close-Up durch ein Teleobjektiv aufgenommen: Warten an der Ampel oder ein Blick auf das Handy. Dennoch fesseln sie den Blick mithilfe der Entspanntheit, die diese Momentaufnahmen austrahlen. Zugleich integriert die Größe der Präsentation den Betrachter in die Situation und gibt ihm ein Gefühl der Zugehörigkeit.

Nicht nur die Werke Streulis, auch die weiteren 36 Bilder der acht ausgestellten Künstler zeigen in der Ausstellung „Weitsicht“ bis zum 29. Januar 2017 auf den ersten Blick simple und zur Ruhe gekommene Motive aus dem Alltag. Eine Weitsicht auf die Situationen soll durch die Größe der Aufspannung geschaffen werden und neue Denk-räume schaffen. Bereitgestellt wurden die von Barbara Huygen kuratierten Kunstwerke aus der Sammlung des Finanzdienstleisters MLP.

Deren erleuchteter MLP-Turm ist Blickfang in Andreas Gurskys Fotomontage „Heidelberg Ost“ (1993). Auch dieses Bild strahlt durch die gedeckte Farbgestaltung mit wenigen erleuchteten Spotlights tiefe Ruhe bei der Ansicht auf den Emmertsgrund aus. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass die dargestellte Skyline jedoch nicht in Heidelberg zu finden ist. Gursky montierte geschickt verschiedene einprägsame Blickfänge aus den urbanen Stadtteilen Heidelbergs zu einer ins Dunkel der Nacht getauchten Großstadt-Ansicht.

Anschließend ist Günther Förg mit Architekturansichten im Stile des Bauhaus vertreten und Candida Höfer, die in ihren Werken strenge und leere Bibliotheksräume präsentiert. Einer wesentlich abstrakteren Form der Fotografie widmet sich Hanno Otten in seinen Lichtbildern, indem er mit der Wirkung verschiedener Farbkombinationen spielt. Besuchermagnet der Ausstellung ist das Werk der Joseph Beuys Schülerin Ulrike Rosenbach. Sie platzierte sich ebenbürtig in Warhols „Double Elvis“ und das bereits im Jahr 1969, womit sie ein feministisches Zeichen setzte.

Literarische Denkräume eröffnet das „Schriftbild 1“ von Astrid Klein. Sie zog eine Notiz des Schriftstellers Oscar Wilde auf Plexiglas auf, wodurch die Schriftzüge einen Schatten auf den Untergrund werfen. Sie symbolisieren die Schattenseiten, die der Schriftsteller aufgrund seiner Homosexualität erleben musste.

Zum Schluss der Ausstellung spielt erneut Andreas Gursky mit der Technik der Fotomontage. Er gibt dem Betrachter die Buchseiten 687 und 753 aus Robert Musils „Der Mann ohne Eigenschaften“ zu lesen, jedoch veränderte er die Wortfolge.

Mithilfe dieser beiden Werke wird die Weitsicht auf neue Denkweisen dem Besucher wohl am zugänglichsten gemacht, da er sich aktiv die Werke erarbeiten muss. Unter den restlichen namenhaften Künstlern fällt es wesentlich schwerer, dem Leitgedanken des Ausstellungskonzepts zu folgen. Hierbei soll wohl das vielfältige Rahmenprogramm mit Sonderführungen und Künstlergesprächen dem Besucher den Zugang zu den Kunstwerken erleichtern.

Von Maren Kaps

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