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Nick Cave & The Bad Seeds: Push The Sky Away

von ruprecht
27. Mai 2013
in Musik
Lesedauer: 3 Minuten
0
Nick Cave & The Bad Seeds: Push The Sky Away

Pushing the Sky away. Foto: Bad Seed Ltd.

5 von 5 rupis: Mit dem Alter kommt die Weisheit

Jubiläum! Ganze 30 Jahre und 15 Alben haben die Bad Seeds bereits hinter sich. Auf Nummer 15, „Push The Sky Away„, wirkt Nick Cave kompetenter, ruhiger, weiser als bisher – erwachsen, mag man behaupten. Nicht, dass ein gewisses altehrwürdiges Charisma nicht einen Großteil von Caves Persönlichkeit ausmachen würde; ebenso wenig ist sein letzter Wurf ein Manifest der Ruhe, das beweisen „Water’s Edge“ und „We Real Cool“ mit musikalischen Landschaften gleich einem Eliot’schen Waste Land. Jedoch beschleicht einen das Gefühl, dass „Push The Sky Away“ ein ganz neues Level in der langen Karriere der Bad Seeds bedeutet, frei nach dem Motto „the sky’s not the limit.“ Keinen Post Punk, auch nicht den Garage Rock des letzten Albums findet man. Die überwiegend sanfte, bluesige Musik bietet einen Hintergrund, auf dem sich Caves Gesang entfalten kann: Spärliche Arrangements, die nur ab und zu einem Höhepunkt entgegen streben. Wenn das passiert, wie auf „Jubilee Street“, erwarten einen dafür die ganz großen Gefühle.

Obwohl sich die Songs textlich um den Einfluss des Internets auf unsere Wahrnehmung und Differenzierung wichtiger von unwichtigen Ereignissen drehen, ist davon musikalisch überhaupt nichts zu hören. Cave klingt wunderbar entspannt wie sonst nur alte Menschen, die in ihrem Leben schon alles erreicht haben. Mit einer Laufzeit von gerade mal 42 Minuten liegt das Album zwar durchaus im Trend, aber „Jubilee Street“ (6:36) und „Higgs Boson Blues“ (7:51) nehmen sich alle Zeit, die es braucht, damit die Lieder sich entfalten.

Darüber hinaus passt „Push The Sky Away“ mehr zu einer veralteten, mythischen Welt („Mermaids“) als zur hypermodernen Gesellschaft, die Menschen klont und Gottesteilchen entdeckt. Der „Higgs Boson Blues“ ist konsequenterweise eher ein Roadtrip durch Genf und Memphis, mit allerlei surrealen Bildern und Verweisen auf Robert Johnson und das Lorraine Motel, aber ohne Teilchenbeschleuniger. Die Genfer Hitze ist hörbar durch Caves lange Ächzer – die Gelassenheit, mit der der Mann mit der starken Stimme das Wort „patio“ in die Länge zieht, gibt es kein zweites Mal in der Musikgeschichte.

Es ist kein Zufall, dass die beiden langen Lieder auf „Push The Sky Away“ auch die besten sind. Nick Cave und Violinist Warren Ellis erweisen sich als Meister des Spannungsaufbaus. Ohne „Jubilee Street“ und „Higgs Boson Blues“ wäre das Album immer noch gut – eine alternative Version vom Debüt der Bad Seeds, die jugendliche Aggression und Emotionen gegen Altersweisheit und -milde eingetauscht hat (vgl. „A Box For Black Paul„). Die beiden Songs sind jedoch exemplarisch dafür, dass Spannungsaufbau auch über ein Lied hinaus wirkt. Einer in der Mitte plaziert, der andere am Ende, sorgen sie mit ihren Höhepunkten und zahlreichen begeisternden Details dafür, dass das Album bei all den gleichbleibenden Songs nicht am Hörer vorbeizieht wie Landschaften vor einem Zugfenster. Sie machen „Push The Sky Away“ zu einem der großen Alben dieses Jahres. Mit dem Titeltrack rechtfertigt Nick Cave seine musikalische Kehrtwende nach „Dig, Lazarus, Dig!!!„. Man wird sehen, ob er auf diesem Level weiter macht. Fest steht, dass er mit diesem Album seinen Himmel ein ganzes Stück weiter weg geschoben hat.

von Philipp Fischer

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