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Dark angel, lend me thy light

von ruprecht
16. Juli 2013
in Wissenschaft
Lesedauer: 2 Minuten
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Dark angel, lend me thy light

Von Satanisten gern benutzt: Ziegenkopf und Pentagramm. Grafik: Dominik Waibel

Satanistische Rockmusik – Kulturkonservatismus oder Provokation?

Die Festival-Saison ist in vollem Gange. Wacken ist wieder komplett ausverkauft. 75.000 Menschen werden in diesem Jahr zu Liedern wie „Ich bin ein wahrer Satan“ von ASP ihre Mähnen schütteln. Tausende Eltern beten für das Seelenheil ihrer abtrünnigen Kinder. Vielleicht auch nicht.

Doch Rettung naht: Der Heidelberger Anglist Peter Paul Schnierer hat sich dem Thema angenommen und vor Kurzem seine Forschungsergebnisse unter dem Titel „Satanistische Rockmusik und ästhetische Tradition“ im neu aufgemachten Forschungsmagazin der Universität Heidelberg veröffentlicht. Das Thema der aktuellen Ausgabe ist „Himmel und Hölle“. Wissenschaftler aus verschiedensten Disziplinen präsentieren ihren Blickpunkt auf das Thema – vom Theologen bis zum Physiker. Neben dem höllischen Bezug inspirierte Professor Schnierer sein Interesse an grenzwertiger, experimenteller Literatur und außergewöhnlicher Musik, die nicht bloß das immergleiche Radiogedudel rezitiert. Das trifft auf den „Höllenrock“ definitiv zu: Er experimentiert bewusst mit Atonalität, schrillem Gesang, sowie ohrenbetäubendem Screamo, um die Zuhörer wachzurütteln.

Aber was hat das alles mit Literatur zu tun? Viele Interpreten bedienen sich bei der Zusammenstellung ihrer Liedtexte altbekannten Materials, wie Gedichten und Sagen. Diese werden neu interpretiert. Andere Songschreiber produzieren selbst Texte, die als Sammelband neben keiner Gedichtsammlung verblassen müssten. Die Übergänge zwischen Literatur und Musik sind also fließend.

Skandalmusiker wollen schockieren und auf Missstände hinweisen. Mit ihrer alternativen Musik wollen sie das System kritisieren und Alternativen aufzeigen. So jedenfalls die weitläufige Annahme. Durch den vielfältigen Rückbezug auf etabliertes, wenn auch teilweise vergessenes Kulturgut erhält dieses Streben einen seltsamen Beigeschmack. Die Rückbesinnung auf traditionelle Volksweisen erscheint konservativ vor dem Anspruch auf Weiterentwicklung, Erneuerung und Veränderung. Wer genau hinhört, erkennt hinter unverständlichem Geschrei unter Umständen das verhasste Gedicht aus Schulzeiten, dessen Inhalt nur im neuen Kontext, eingebettet zwischen harten E-Gitarren-Soli, schwarzen T-Shirts und wehenden Haaren, seine ganze Wirkung entfaltet.

Sind die selbsternannten Satanisten gescheitert? Verläuft ihre Rebellion sich im Sande vergangener Kulturleistungen? Müssten sie nicht origineller sein, um wirklich zu schockieren? Sollten sie nicht aktuelle, reale Grausamkeiten wie Kinderpornographie im Internet, Organhandel et cetera besingen? Vielleicht. Andererseits leben wir in einer Gesellschaft, die zu viel gesehen hat, um sich leicht aus dem Konzept bringen zu lassen. Und wer will schon außerhalb der Nachrichten mit modernen Kriegsverbrechen konfrontiert werden? Da ist es allemal schöner, wenn man sich wenigstens beim Musikhören in entspanntere Zeiten versetzen lassen kann. Zeiten, in denen im Kriegsfall noch zu Pferde in die Schlacht geritten wurde, man feindliche Köpfe noch von Hand abschlagen musste und das Böse in Gestalt des Teufels dingfest zu machen war.

von Josie Kerstan

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