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Der schöne Schein

von ruprecht
19. November 2013
in Feuilleton, Literatur, Startseite
Lesedauer: 2 Minuten
0
Sand im Getriebe

Foto: OmiTs / commons.wikipedia.org (CC BY-SA 3.0 - http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)

Mit „F“ überzeugt Daniel Kehlmann erneut

Ein Priester, der zweifelt, ein Anla­geberater, der betrügt, ein Maler, der fälscht – das sind die Söhne Arthur Friedlands. Sie stehen im Mittelpunkt von Daniel Kehlmanns neuem Roman „F“. Es geht um einen Tag im Leben der drei Brüder und darum, wie sie täuschen, lügen und tricksen, um sich mit dem Schein zu umgeben, auf den sie ihr Leben bauen.

Genau wie Kehlmanns früherer Roman „Die Vermessung der Welt“ schoss auch „F“ an die Spitzen der Bestsellerlisten. Woran liegt es, dass seine Bücher solche Erfolge werden? Vielleicht daran, dass er „einen historischen Roman schreiben wollte für Leute, die keine historischen Romane mögen, und nun einen Familienro­man für Leute, die keine Familienro­mane mögen“, wie Kehlmann selbst es ausdrückt. Oder vielleicht an der einfachen, zugänglichen Sprache.

Tatsächlich ist es ein in mancher Hinsicht ungewöhnlicher Familienroman geworden. So spielt ein Großteil der Geschichte an einem einzigen Tag, dessen Geschehnisse der Reihe nach aus der Ich-Perspektive aller Brüder geschildert werden. Das ist sehr unterhaltsam zu lesen und lässt einen die Motivation, den Erfolg und das Scheitern der widersprüchlichen Charaktere gut nachvollziehen.

Virtuos spielt der Autor mit Zeit, mal verdichtet sich ein Augenblick zu einer Ewigkeit, mal fällt man ehe man es sich versieht, hunderte Jahre zurück.Der Roman ist äußerst pointenreich geschrieben; ausgerechnet Zivilcourage, ein kurzer Moment der Ehrlichkeit, ist es, die einem der Brüder zum Verhängnis wird.

Der Vater Arthur hatte seine Kinder im Stich gelassen, um sich seiner Karriere als Schriftsteller zu widmen, und erscheint nur noch durch flüchtige Besuche oder seine inzwischen viel beachteten Bücher in deren Leben. Aufgrund eines seiner Werke bringen sich mehrere Menschen aus Verzweiflung um; eine Hommage an Goethes „Werther“, nur eine von vielen Anspielungen Kehlmanns in „F“ auf andere Literatur.

Diese Bücher Arthurs, durch die Kehlmann die Tradition des Buches im Buch fortsetzt, geben ihm die Möglichkeit existenzielle Fragen zu stellen. Gibt es einen Gott? Haben wir einen freien Willen? Ist unser Leben eine chaotische Abfolge von Zufällen oder ist alles vorherbestimmt? Wie ein roter Faden ziehen sich diese Themen durch den Roman und machen das Lesen äußerst spannend.

Trotzdem bleibt man etwas unent­schlossen zurück. Zu flach und nüchtern bleibt die Sprache, zu kon­struiert wirkt die Geschichte insgesamt. Die Makellosigkeit und Brillanz des Buches ist zugleich sein Fluch und Segen, denn es ist wenig Platz für Zwischentöne. Man fühlt sich zu bevormundet, weil das Buch in sich geschlossen ist; es ist auch ohne den Leser schon voll­ständig.

Dennoch entfaltet der Roman schnell eine sogartige Wirkung. Was sich hinter dem schlichten F auf dem Cover verbirgt, bleibt Kehlmanns Geheimnis. Es gibt zwar einen Hin­weis auf das „fatum“, lateinisch für Schicksal, aber es könnte auch gut F wie Familie, Fälschung oder Fried­land sein.

Ganz gleich, was es mit dem Titel auf sich hat: Wer dieses Buch in die Hand genommen hat, wird es nicht mehr aus der Hand legen bis die letzte Seite umgeschlagen ist. Ein Famili­enroman auch für jene, die eigentlich keine Familienromane mögen.

von Jonas Peisker

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