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Und täglich grüßt die Feuerwehr

von ruprecht
25. Oktober 2015
in Film & Theater, Startseite
Lesedauer: 2 Minuten
0
Und täglich grüßt die Feuerwehr

Die Feuerwehr-Crew rund um Hauptfigur Guy Montag (Steffen Gangloff, Mitte). Bild: Annemone Taake

Es gab eine Zeit, in der die Feuerwehr das Feuer nicht gelegt, sondern gelöscht hat. Für diese These haben die Protagonisten von „Fahrenheit 451“, das am 10. Oktober im Theater Heidelberg seine Premiere feierte, nur schallendes Gelächter übrig. Denn in der von Ray Bradbury in seinem gleichnamigen Roman geschaffenen Welt gelten Bücher mit ihrem geheimnisvollen Inneren als Todfeinde und müssen restlos vernichtet werden. Mit seiner Inszenierung des dystopischen Klassikers brennt Regisseur Victor Bodó im Marguerre-Saal ein multimediales Feuerwerk ab, dem es an nichts mangelt.

Text
Bild: Annemone Taake

Eigentlich läuft es im Leben von Feuerwehrmann Guy Montag (Steffen Gangloff) ganz gesittet und geordnet: Jeden Morgen steht er exakt zur gleichen Zeit auf, begrüßt freudig, wenn auch etwas gestelzt, seine Frau und geht zur Arbeit. Einen Grund zum Feiern gibt es dort obendrein, denn der letzte Thomas Mann wurde verbrannt. Doch Montags Begegnung mit der unbekümmerten Clarissa (Lisa Förster) lässt ihn allmählich daran zweifeln, dass den rätselhaften Anhäufungen von Wörtern tatsächlich nichts Bedeutsames innewohnen soll. Warum sonst sollte die Bücherliebhaberin Mrs. Hudson (Christina Rubruck) aus Liebe zu ihren Büchern ihr Leben lassen? Mit der Zeit sträubt sich Montag also gegen das nicht hinterfragte Dogma in einer düsteren Welt, in der generell nichts hinterfragt wird, die Menschen unmündig gehorchen und ihre Gespräche sich lediglich um Banalitäten drehen.

Juli Balázs ganz in grauen Beton getauchtes Bühnenbild bildet die Grundlage für die spezielle Atmosphäre des Stückes. Auf mehreren Ebenen werden im Theatersaal Projektionen und Videos eigewoben. Und obwohl Fahrenheit 451 dieses immergraue Milieu nicht verlässt, erfüllt die Inszenierung das gesamte Farbspektrum der Gefühle: von befreitem Humor über ernste Szenen bis zur abartigen Groteske. Das ist beängstigend und urkomisch zugleich.

Da gibt es die komische Szene, in der die naive Bilderbuchfamilie, die blind dem lauscht, was die Obrigkeit über die Großbildleinwände schallen lässt, dem neuen Grill huldigt. Sich geradezu ekstatisch freut, aber mit stets demselben leeren Geplapper im Kreis der sinnlosen Gesellschaft dreht. Auf der anderen Seite die ernsthafte Szene, in der Montag und Clarissa als übergroße Projektionen dem Publikum entgegenblicken und das Vergangene Revue passieren lassen, was frei von Albernheiten zum Nachdenken anregt. Schließlich die groteske Szene, in der Ärzte in gelben Overalls die Organe von Montags Frau Mildred (Zita Téby) austauschen. Dank eines neuen Programms ist das möglich. Dabei hantieren sie mit Blasebalg und allerlei absurdem Werkzeug planlos herum und lassen für die Gewerkschaftspause ihre Arbeit liegen, während alles im Hintergrund auf der Großbildleinwand zur Schau gestellt wird.

Es ist dieses Aufeinanderprallen der drei Komponenten, welches der Inszenierung eine immense Kraft verleiht. Obwohl die Dystopie fremd erscheint und mit all ihren Absurditäten permanent zum Lachen verführt, lässt sie den Zuschauer schaudern. Ebenso bricht sie gezielt mit der thetralen Illusion: Montags abschließende Flucht vor der Regierung beginnt auf der Bühne, wird von bildgewaltigen Videoeinspielungen einer Kameradrohne abgelöst, ehe sie wieder auf der Bühne endet.

Grandios ist neben der durchweg überzeugenden schauspielerischen Darbietung zudem der Soundtrack von Klaus von Heydenaber, welcher leitmotivisch die Komödie hervorhebt und für die dramatischen Szenen einen passenden dröhnenden Sound findet, der maßgeblich die Atmosphäre prägt. Das Publikum honorierte den rundum gelungenen Abend mit großem Beifall.

von Jesper Klein

[box type=“shadow“ ]„Fahrenheit 451“ ist am Theater Heidelberg wieder am 30. Oktober zu sehen. Weitere Aufführungen in diesem Jahr: 31.10, 25.11, 26.11, 15.12 und 16.12.[/box]

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Tags: Fahrenheit 451Ray BradburyTheater und Orchester HeidelbergTheaterkritik

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