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„Ich möchte Astronaut werden“

von ruprecht
24. März 2015
in Feuilleton
Lesedauer: 3 Minuten
0
„Ich möchte Astronaut werden“

„Sebastian23“ sinniert mit uns über die großen Fragen des Lebens. Bild: Felix Hackenbruch

„Sebastian23“ ist Comedian und Poetry-Slam-Meister. Mit uns spricht er über Pflastersteine, Momentaufnahmen und sein Philosophiestudium.

Bei dem Poetry-Slam heute Abend hast du nicht am Wettbewerb teilgenommen. Was war der beste Preis, den du bisher gewonnen hast?

Sebastian23: Ich kann euch spontan sagen, was der komischste Preis war: Ich hab mal einen Stein gewonnen. Das war bei der Veranstaltung „der Koblenzer Rheinstein“. Seit Jahren bekommt man als Gewinn einen Pflasterstein. Man muss sich vorstellen, dass Poetry-Slammer viel auf Tour sind und dann eine oder zwei Wochen mit einem Pflasterstein von Ort zu Ort ziehen müssen.

Warum nimmst du an Poetry-Slams teil?

Beim Poetry-Slam bringt man die Texte selbst auf die Bühne. Man kann sie mit seiner Performance unterstreichen, Gestik, Stimme, Mimik einsetzen, um den Text als Kunstobjekt zusätzlich zu gestalten.
Das zweite ist der Kontakt zum Publikum. Man redet mit den Menschen und bekommt gleich ein Feedback. Diese Direktheit mag ich sehr gerne. Wenn ich ein Buch schreibe und du liest das bei dir zuhause und lachst, das merke ich nicht bis nach Bochum.

Wie erklärst du dir den Boom im Poetry-Slam?

Ich denke, dass Poetry-Slam den Zeitgeist trifft. Es ist eine leicht konsumierbare Form von Literatur. Es gibt sie häppchenweise und sie wird unterhaltsam dargeboten. Auch wenn mal ein paar weniger Leute zu einem Slam kommen, glaube ich nicht, dass der Poetry-Slam ganz verschwinden wird. Er füllt eine Marktlücke, indem er das gesprochene Wort als Kunstform gestaltet.

Das Video von Julia Engelmann war ein Selbstläufer. Was hältst du von dem Text und wie würdest du diesen Hype bewerten?

Der Hype um diesen Text ist eine großartige Sache für die Poetry-Slam-Szene gewesen. Julia Engelmann macht etwas sehr Cleveres in diesem Slam-Text: Sie verknüpft ein bekanntes Thema mit vielen popkulturellen Zitaten. Jeder kennt die Sachen, das macht es sehr zugänglich. Eine Qualität, die Immanuel Kant nicht hatte. Das Tolle daran ist auch, dass die Frage, ob nur lustige Texte bei Poetry-Slams erfolgreich sein können mit diesem, jedem bekannten Beispiel sofort beenden kann. Dafür sind wir ihr sehr dankbar.

Du hast bei deinem Auftritt in Heidelberg viel von dir erzählt, zum Beispiel, dass du als Kind nie Zeichentrickfilme sehen durftest. Wie viel davon ist wahr?

Vieles ist fiktiv oder zumindest dramatisiert und das ist ein legitimes Erzählmittel. Die Ideen für die Texte kommen aus dem, was ich erlebe, wenngleich es doch oft auf eine indirekte Art geschieht, sodass ich selten denke: Guck mal, da vorne ist eine…ähm… (überlegt sehr lange)… Laterne und ich schreibe jetzt mal ein Gedicht über Laternen.

Beeindruckend.

Beeindruckend, nicht? Wie schnell ich auf dieses Beispiel gekommen bin und was ich dann daraus gemacht habe – ich war selbst ganz begeistert!

Wie groß ist die Poetry-Slam-Gemeinschaft in Deutschland? Wie viele gibt es, die davon leben können?

Es gibt das Zitat von Marc-Uwe Kling: „Das kommt darauf an, wie man ‚leben‘ definiert“. Was heißt das schon? Ich glaube, dass es um die 50 Leute gibt, die damit ihren Lebensunterhalt bestreiten und keinem anderen Gelderwerb nachgehen. Wenn man alle mit rein nimmt, die einmal bei einem Poetry-Slam einen Auftritt ausprobieren sind es auf jeden Fall viele tausend.

Mit der Poetry-Slamgruppe „Smaat” bist du auch im Team aufgetreten. Dürfen die Fans auf ein Comeback hoffen?

Wir probieren das eigentlich ständig, das Problem ist nur, dass wir dauernd Söhne bekommen – das hält uns ein bisschen davon ab. Es ist jetzt schon zweimal so gewesen, dass wir eine Tour geplant haben und einer von uns ein Kind bekommen hat. Wir sind ja alle Künstlertypen mit Frauen, die ordentliche Berufe haben und da kann man immer ein bisschen schwer vermitteln, dass man jetzt zwei Wochen mit der Boygroup um die Häuser ziehen muss, um Quatsch zu erzählen. Was nun aber stattfindet, ist die Tour mit einem der ehemaligen Smart Jungs Lars Ruppel – vielleicht liegt das daran, dass Lars noch kein Kind bekommen hat.

Was hat dir dein Philosophiestudium für deine Karriere gebracht?

Was man im Philosophiestudium lernt, sieht man nicht auf den ersten Blick. Man lernt Antworten zu finden auf die ganz großen Fragen. Überspitzt könnte man sagen, dass sich Menschen mehr mit Fragen beschäftigen, wie sitzen meine Haare? Bin ich gut geschminkt? Ist der Bart richtig rasiert? Dabei sollten sie sich besser damit beschäftigen, ob sie sich wichtige Ziele im Leben gesteckt haben und sich bewusst werden, wie sie ihr Leben führen wollen.

Sollte man nicht auf hören, wenn man einmal deutscher Poetry-Slam-Meister war – am Höhepunkt also abtreten?

Für mich war immer klar, dass der Wettbewerb spielerischen Charakter hat. Der Auftritt ist eigentlich immer nur eine Momentaufnahme und bei der deutschen Meisterschaft gewinnt man nicht unbedingt, weil man die besten Texte vorgetragen hat – man ist dann nur in dem Moment vor dem Publikum am besten angekommen. Deshalb sehe ich keinen Grund, damit aufzuhören.

Was sind deine Ziele für die Zukunft?

Ich möchte Astronaut werden.

Das Gespräch führten Great Aigner und Janina Schuhmacher

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