Als angehender Historiker dachte ich naiv, das Schwierigste an einer Hausarbeit sei die Recherche, oder die Formulierung einer These. Doch der wahre Endgegner lauert woanders: ein Dschungel aus Zitierstilen und Formatvorlagen. Jeder Fachbereich scheint seine eigene Ordnung zu pflegen.
Natürlich, ein angemessenes Layout und korrektes Zitieren sind das Fundament einer wissenschaftlichen Arbeit, was sich mir hier bot, war allerdings das blanke Chaos. Beginnen wir mit den Kopfzeilen, die Orientierung geben sollen, aber oft überladen sind: Seminartitel, Dozentenname, eigener Name – alles zusammengedrängt in die Ecke. Das Ergebnis sieht aus wie ein missglücktes Romandebüt. Warum das Ganze? Offenbar für den „ästhetischen Anspruch“, der sonst meist ignoriert wird.
Als ich die Kopfzeile endlich nach den gewünschten Formalia zurechtgestutzt habe, lauert schon das nächste Hindernis im Dschunge: Zitierstile: Einheitliche Regeln wären hilfreich, doch jeder Fachbereich hat seinen eigenen Stil – und manche Dozenten setzen noch einen drauf. Die Unterschiede? Ein Punkt hier, ein Komma dort – oder doch ein Halbgeviertstrich?
Während ich meine Bibliographie abtippe erkenne ich kaum, ob ich gerade einen Autor, einen Titel oder einen exotischen Untertitel notiere. Denn ja, das scheint offenbar die ultimative Lösung für jedes Formatproblem zu sein. Und dann sind da noch die Kapitälchen, die ultimative Lösung für jedes Formatproblem – angeblich. Ob man dadurch tatsächlich besser versteht, worauf sich der Text bezieht? Fraglich. Aber es sieht kompliziert aus, und das ist alles was zählt.
Das eigentliche Problem ist, wie viel Zeit ich für diese formalen Schlingpflanzen aufwende. Während ich versuche, eine Bibliographie zu erstellen, die den Geschmack meines Dozenten trifft, könnte ich längst an meiner Argumentation arbeiten oder eine Quelle genauer analysieren. Stattdessen sitze ich da, tief im Formalitätendschungel gefangen, und frage mich verzweifelt, ob ich jetzt wirklich einen Punkt, ein Komma oder doch einen Strich setzen muss.
Wäre es nicht an der Zeit, den Dschungel zu lichten? Ein einheitlicher Zitierstile für Geisteswissenschaften – Ein Traum, der im deutschen Flickenteppich kaum möglich erscheint – könnten es möglich machen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Inhalt und Forschung. Kapitälchen hin oder her.
Eine Glosse von Laetitia Klein
Laetitia Klein
...studiert irgendwas mit Naturwissenschaften (Molekulare Biotechnologie) und schreibt seit Sommersemester 2023 für den ruprecht. Neben der Leitung der Bildredaktion ist er vor allem für Illustrationen, Wissenschaft und Satire immer zu haben.