Regieren geht über Studieren: Wir befragten neun Studierende im Vorfeld der Kommunalwahl zu ihrer Kandidatur, ihren wichtigsten Anliegen und politischen Forderungen
Was wird gewählt?
Wahlen, wählen und gewählt werden. Schon seit Wochen ist es kaum zu übersehen, dass am 09. Juni Wahlen anstehen. Aber worum geht es dabei überhaupt? An diesem zweiten Sonntag im Juni finden neben den Europawahlen in Baden-Württemberg auch die Kommunalwahlen statt. Bürger:innen ab 16 Jahren können alle fünf Jahre ihre Stimme abgeben, um in den Landkreisen die Kreistage und in kreisfreien Städten, wie zum Beispiel Heidelberg, die Gemeinderäte zu wählen. Der Heidelberger Gemeinderat hat 48 Mitglieder und somit hat jede:r Wählende 48 Stimmen. Dieses Jahr stehen 15 Listen mit insgesamt 680 Kandidierenden zur Wahl. Es gibt also mehr als genug Möglichkeiten seine Stimmen aufzuteilen, zumal jede:r Bewerber:in bis zu drei Stimmen erhalten kann. Sind die Gemeinderatsmitglieder gewählt, kümmern diese sich um das, was auch im Namen der Wahl steckt: Die Kommunalpolitik. Das heißt in diesem Fall alles, was mit Heidelberg und Umgebung zu tun hat. In regelmäßigen Ratssitzungen wird beispielsweise besprochen, wo Wind- und Photovoltaikanlagen in Heidelberg und Umgebung Platz finden, welche Verkehrs- und Bebauungsprojekte der Stadt sinnvoll sind oder wie Sport- und Jugendstätten Heidelbergs finanziert beziehungsweise umgesetzt werden können.
Dabei kann es um Themen für ganz Heidelberg gehen, aber auch um solche, die spezifisch für manche Ortsteile oder Personengruppen sind. Beschlüsse zu den Tagespunkten werden per Handzeichen getroffen. Die Punkte dieser Sitzungen kommen zum einen von den Ratsmitgliedern selbst, zum anderen gibt es zu Beginn auch immer eine „Fragestunde“ bei der jede:r Bürger:in Fragen vorbringen und Antworten vom Oberbürgermeister erhalten kann. Und letztendlich ist genau das der Punkt der Kommunalwahl, denn anders als bei vielen anderen Wahlen geht es hier sehr direkt zu: Man wählt konkrete Personen aus der eigenen Stadt, vielleicht sogar aus der selben Straße, damit diese dann für genau diese Stadt und diese Straße Politik machen.
Sina Weber, SPD:
Wie bist du zu deiner Partei gestoßen und wieso hast du dich für genau diese Partei entschieden?
Ich hatte mir schon länger überlegt, in eine Partei einzutreten, weil ich nicht nur politische Überzeugungen haben und mich über Ungerechtigkeiten aufregen wollte, sondern mich auch gegen diese einsetzen wollte. Dann habe ich ein FSJ bei der SPD-Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz gemacht und dort sowohl die Programmatik der SPD als auch sehr viele inspirierende Menschen kennengelernt, die von Solidarität und dem Einsatz für die Schwächsten unserer Gesellschaft überzeugt sind. Da habe ich gemerkt: Genau das ist mir auch am wichtigsten. Ich möchte mich für eine gerechtere Welt einsetzen, in der alle Menschen die gleichen Chancen haben. Auch wenn ich – wie sicherlich wir alle – nicht mit jeder politischen Entscheidung zufrieden bin, verkörpert das die SPD für mich.
Was sind besonders studentische Anliegen, die dir wichtig sind?
Die meisten Studis kennen den Struggle, in Heidelberg bezahlbaren Wohnraum zu finden. Mir ist wichtig, dass hier alle jungen Menschen unabhängig vom Geldbeutel ein gutes Zuhause finden. Dafür brauchen wir zum einen mehr städtischen Wohnraum, der auch bezahlbar ist, und gleichzeitig mehr Wohnheime, sowohl für Studis als auch für Azubis. Wir brauchen aber nicht nur mehr Wohnraum, sondern auch mehr Raum in der Stadt, um uns konsumfrei treffen zu können. Die Neckarwiese ist dafür ein perfekter Ort, den ich auch oft nutze – im Sommer, bei schönem Wetter und ohne sich gestört fühlende Anwohner:innen. Ich wünsche mir, dass das nicht unsere einzige Option ist. Deshalb brauchen wir in Heidelberg mehr Räume, in denen man sich treffen kann, ohne zwingend Geld ausgeben zu müssen.
Für welche Themen möchtest du dich besonders im Gemeinderat einsetzen?
Ich habe das Gefühl, dass die Belange von jungen Menschen und besonders von diskriminierten Gruppen in der Stadt und bei Entscheidungen der Stadtpolitik noch zu wenig sichtbar sind.
Deshalb möchte ich Kommunalpolitik machen und mich dafür einsetzen, dass sich zum Beispiel Frauen und queere Menschen überall sicher fühlen können und gerade nicht von Rechten und Faschos in ihren Rechten eingeschränkt werden. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass wir die Diversität in der Stadtverwaltung und der Kommunalpolitik verbessern und dass Stadtplanung auch feministisch ist.
In meiner Freizeit bin ich oft draußen, im Wald oder am Neckar unterwegs. Dabei merke ich immer wieder, wie schön und lebenswert Heidelberg sein kann. Und weil ich möchte, dass das auch weiterhin so bleibt, müssen wir auch hier unseren Beitrag leisten, um die Klimakrise zu bekämpfen. Da sind mir zwei Dinge besonders wichtig: Erstens muss Windkraft auch in Heidelberg ermöglicht werden. Zweitens müssen wir umweltfreundliche Mobilität mehr fördern und dazu gehören sichere, breite und durchgehende Fahrradwege und zum Beispiel ein eingeschränkter Autoverkehr in der Plöck.
Warum sollte man dich wählen?
Mir ist es wichtig, dass junge Menschen im Gemeinderat eine Stimme haben. Es ist schließlich unsere Zukunft, über die da entschieden wird, und die gerade von der Klimakrise und von Demokratiefeind:innen bedroht wird. Gleichzeitig unterstützt eine Stimme für mich das Team SPD, in dem es viele weitere junge und richtig engagierte Kandidierende gibt, die für Heidelberg brennen – nicht zuletzt unsere Juso-Spitzenkandidierenden Marvin Frank und Zoe Dickhaut.
Kannst du dir eine politische Karriere vorstellen und wie würdest du diese mit deinem Studium verbinden?
Eine politische Karriere entwickelt sich Schritt für Schritt und ich denke noch nicht über den Übernächsten nach. Ich kann mir ein Amt aber dann vorstellen, wenn ich das Gefühl habe, damit etwas bewegen und einen Unterschied machen zu können. Das ist im Gemeinderat definitiv der Fall. Aufgrund meines bisherigen politischen Engagements weiß ich auch, dass sich das mit dem Studium vereinbaren lässt, auch wenn man dafür vielleicht ein Semester länger studiert.
Inwiefern hat deine Kandidatur Einfluss auf dein Studierendenleben?
Ich finde es super, im Studium viele Menschen zu treffen, die von meiner Kandidatur mitbekommen haben, weil das zu echt interessanten Gesprächen über Kommunalpolitik führt. Die meisten Studis sind genau die Altersgruppe, die ich gerne vertreten möchte, deshalb bereichert so ein politisches Engagement das Studierendenleben sehr – und macht darüber hinaus sehr viel Spaß!
Möchtest du auf lange Sicht im kommunalen Politikbereich bleiben oder kannst du dir auch vorstellen, irgendwann auf Bundesebene für die SPD zu kandidieren?
Mir macht Kommunalpolitik total Spaß und die Bundesebene der Partei ist aktuell so weit weg, dass sich die Frage gar nicht stellt. Wenn ich irgendwann mal das Gefühl haben sollte, dass ich als Person und mit meinen Inhalten dort gebraucht werde, entscheide ich das dann.
Leonie Kraus, FDP:
Wie bist du zu deiner Partei gestoßen beziehungsweise wieso hast du dich für die FDP entschieden?
Nach dem Abi habe ich ein Praktikum im Bundestag gemacht, das mich zufällig zur FDP führte. Da mein Vater mit seiner Familie aus dem ehemaligen Jugoslawien als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen ist, war Aufstieg durch Leistung schon immer ein großes Thema in meiner Familie. Aus dem Grund habe ich mich schnell mit anderen Menschen bei den Jungen Liberalen identifizieren können, die für gerechtere Aufstiegschancen in Deutschland kämpfen. Das war 2018 und seitdem habe ich im Liberalismus meine politische Heimat gefunden.
Was sind besonders studentische Anliegen, die dir wichtig sind?
Wir als FDP Heidelberg haben uns dezidiert junge Zukunftsthemen als Schwerpunkte für diese Wahl gesetzt. Das sieht man nicht zuletzt daran, dass sowohl Tim Nusser (Spitzenkandidat) als auch ich auf dem aussichtsreichen Platz drei noch in unseren Zwanzigern sind. Ich setze mich leidenschaftlich für mehr Wohnraum in Heidelberg ein. Die Stadt sollte dringend mehr Flächen als Baufläche ausweisen, damit darauf mehr Wohnheime für Studierende und Azubis gebaut werden können. Außerdem setze ich mich für einen schnellen Ausbau der Mobilitätsangebote ein. Wir brauchen mehr Tempo beim Ausbau der öffentlichen Infrastruktur. Wenn wir uns weiterhin in Diskussionen um jeden Baum und Kleinstinteressen verlieren, verlieren wir die großen Ziele aus den Augen. Und dann verpassen wir die so wichtigen größeren politischen Ziele wie nachhaltige Energieversorgung, eine digitale Verwaltung und Schulen, Wohnraumschaffung und vieles mehr.
Für welche Themen möchtest du dich besonders im Gemeinderat einsetzen?
Im Zentrum steht für mich Wohnungspolitik und dabei die Schaffung von mehr Wohn- und Lebensräumen. Dazu gehört natürlich Unterstützung für Kultur, Jugendkultur und Vereine sowie Räume zur Erholung mit mehr besseren Parks in der Stadt.
Ein weiteres Anliegen ist es für mich, die Feierkultur zu stärken und aktiv gegen das Clubsterben vorzugehen. Ich möchte mich dafür einsetzten, dass es ein breites und buntes Kulturangebot für junge Menschen gibt. Dazu gehören nicht nur Clubs und Bars sondern auch Konzerte, kreative Räume, Veranstaltungen für und mit der queeren Community und vieles mehr.
Warum sollte man dich wählen?
Ich möchte in Heidelberg etwas verändern und unsere Stadt zukunftsfähig machen. Dabei möchte ich als Studentin und Teil der jüngeren Generation für uns junge Menschen und unsere Zukunft in Heidelberg eintreten. Zum anderen möchte ich Heidelberg und die Kommunalpolitik offener für alle machen. Ich komme selbst, so wie viele andere Menschen, nicht von hier. Ich möchte, dass Mitbestimmen und Leben für alle Menschen in der Stadt möglich ist. Es sollte weniger zählen, woher du kommst, sondern mehr wohin, du möchtest.
Kannst du dir eine politische Karriere vorstellen und wie würdest du diese mit deinem Studium verbinden?
Zum aktuellen Zeitpunkt kann ich mir eine politische Karriere, die über mein Engagement in Heidelberg hinausgeht, nicht vorstellen. Ich mag an Kommunalpolitik, dass sie so unmittelbar und nah am eigenen Leben ist. Ich schätze es sehr, nicht finanziell oder beruflich von meinem politischen Engagement abhängig zu sein und mich im Alltag auch noch mit ganz anderen Themen zu umgeben.
Inwiefern hat deine Kandidatur Einfluss auf dein Studierendenleben?
Da ich Vorsitzende der Jungen Liberalen bin, ist es für mich ziemlich normal zwei Abende die Woche mit Politik vor Ort zu verbringen. Normalerweise kann man das ganz gut mit dem Studieren unter einen Hut bringen. Die letzten zwei Monate vor der Wahl bin ich eigentlich täglich für die FDP unterwegs. Da kommen mein Studium und mein Privatleben schon ziemlich zu kurz.
Seraphim Kirjuhin, Heidelberg in Bewegung:
Wie bist du zu deiner Partei gestoßen beziehungsweise wieso hast du dich für genau diese Partei entschieden?
Als ich letztes Jahr im September für meinen Master frisch in meine WG eingezogen bin, lag das Heidelberger Stadtblatt auf dem Küchentisch. Im Stadtblatt gibt es immer Beiträge der Gemeinderatsfraktionen bzw. der Stadträt:innen. Der von HiB–Stadtrat Waseem Butt war anders: Dort gab es einen direkten Aufruf, dass Studierende und junge Menschen sich als HiB-Spitzenkandidat:innen für die Kommunalwahl aufstellen lassen. Das hat mein Interesse geweckt, weil ich noch nie erlebt habe, dass eine politische Organisation so proaktiv auf junge Menschen zugeht. Im Dezember 2023 war ich dann bei einer Veranstaltung von HiB und habe mich persönlich mit anderen jungen Kandidierenden unterhalten. Ihre offene und herzliche Art, aber auch ihre problemlösungsorientierten Ansätze für die Heidelberger Kommunalpolitik haben mich endgültig überzeugt. Und ehe ich mich versah, stand ich auf dem Listenplatz 3. Im Übrigen ist HiB die einzige Liste, bei der sechs der ersten zehn Listenplätze unter 30 sind – das hat mich nochmal in meiner Kandidatur bestärkt, denn HiB redet nicht nur, sondern handelt auch.
Was sind besonders studentische Anliegen, die dir wichtig sind?
Zunächst möchte ich betonen, dass wir bei HiB Studis und Azubis gleichstellen und unterstützen wollen. Das reicht von der Vergünstigung im ÖPNV bis hin zu kulturellen Angeboten. Unser Ziel ist es, beide Gruppen von Anfang an in die Stadtgesellschaft besser zu integrieren, damit sie sich in Heidelberg wohlfühlen. Dafür wollen wir unter Anderem mehr auf die vielfältigen Möglichkeiten in der Stadt aufmerksam machen und durch gemeinsame Projekte beziehungsweise Veranstaltungen Azubis und Studis vernetzen, um den Austausch der beiden Gruppen zu fördern. Außerdem wollen wir eine engere Kooperation von Stadt, Ausbildungsbetrieben und Uni, um Azubis und Studis praktische Anwendungsmöglichkeiten für ihr Wissen zu bieten und ihnen den Berufseinstieg zu erleichtern.
Ein weiteres wichtiges Thema von dem ich selbst betroffen bin, ist bezahlbares Wohnen. Einer unserer Ansätze sind Wohnraum-Sharing-Initiativen zwischen verschiedenen Generationen, da sie neben der günstigeren Miete gleichzeitig soziale Kontakte und den generationsübergreifenden Austausch fördern. Außerdem sollen die Mieten in Heidelberg an die Inflation gekoppelt werden. Tatsächlich gibt es bereits sowas – die Indexmiete, diese ist aber freiwillig. Wir wollen die Indexmiete verpflichtend machen, auch bei Neuvermietungen. Dadurch schützen wir Studis und Menschen mit niedrigerem Einkommen vor Finanzspekulation auf dem Wohnungsmarkt und machen Heidelberg zu einer attraktiveren Stadt. Um Mieter:innenrechte zu stärken, wollen wir ein Mietqualitätsportal einrichten, damit Mietmängel aufgezeigt werden können. Von so einem Portal können auch Studis profitieren, da die Wohnheime des Studierendenwerks – so die Erfahrung meiner Kommiliton:innen – für schlechte Wohnbedingungen berühmt-berüchtigt sind, nur um es milde auszudrücken.
Außerdem ist es wichtig, dass, während die Marstall-Mensa saniert wird, ein temporärer Ersatzort gefunden wird, weil sie für Studis und andere Büger:innen ein kultureller und sozialer Treffpunkt ist. In Frage käme der Faule Pelz, aber selbstverständlich sind wir auch für andere Ideen offen – solange es ein gut erreichbarer und attraktiver Ersatzort ist.
Als letzten Punkt möchte ich die Feierkultur in Heidelberg erwähnen. Oder genauer gesagt die nicht wirklich vorhandene Feierkultur: Um das Nachtleben zu beleben, wollen wir uns für eine Lockerung der Sperrzeiten in der Altstadt und mehr Raum für Clubs einsetzen. Darüber hinaus wollen wir nichtkommerzielle Freizeitmöglichkeiten wie Bastler:innen-Cafés und Gemeinschaftsgärten, die als innovative Freiräume dienen, fördern. Wir sind davon überzeugt, dass Kultur auch für den kleinen Geldbeutel möglich sein muss.
Für welche Themen möchtest du dich besonders einsetzen? Warum sollte man genau dich wählen?
Mein Herzensthema ist die politische Teilhabe aller Altersgruppen. Daher soll der bereits existierende Jugendgemeinderat in allen Ausschüssen sitzen, damit jugendliche Perspektiven in allen Entscheidungsprozessen des Gemeinderats und der Stadt berücksichtigt werden. Dadurch werden wir Jugendlichen die Möglichkeit bieten, an unserer Demokratie teilzuhaben. Zusätzlich werde ich mich als Stadtrat für die Etablierung eines Senior:innenbeirats einsetzen. Mein Wunsch ist, dass dann der Senior:innenbeirat und der Jugendgemeinderat gemeinsame Anträge im Gemeinderat stellen, um durch einen generationsübergreifenden Austausch die Herausforderungen unserer Stadt bewältigen zu können. So eine Begegnung auf Augenhöhe kann den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken – etwas, was wir mehr denn je brauchen.
Der gesellschaftliche Zusammenhalt spielt aber auch beim alltäglichen Leben, wie Behördengängen, eine wichtige Rolle: Ich werde mich daher für eine Vereinfachung der Verwaltung durch Digitalisierung, Barrierefreiheit durch ‚Leichte Sprache’ und Mehrsprachigkeit einsetzen. Als jüdischer Mensch und als erste Generation meiner Familie, die in Deutschland geboren wurde, ist mir die Wahrung und vor allem die Sichtbarkeit jüdischen Lebens in Heidelberg besonders wichtig. Erst kürzlich gab es Medienberichte, dass ein Anschlag auf die jüdische Gemeinde in Heidelberg geplant war. Das zeigt, dass wir als Gesellschaft immer noch vor der Aufgabe stehen, dass niemand wegen seiner Religion oder anderer Identitätsaspekte angegriffen, bedroht oder diskriminiert wird. Die Wahrung jüdischen Lebens geht für mich mit der Förderung kultureller Vielfalt und interreligiöser Verständigung einher. Deswegen arbeite ich mit der Muslimischen Studierendengruppe Heidelberg daran, dass ein Raum der Stille in der UB für alle eingerichtet wird. Nur wenn wir uns zusammentun und uns gegenseitig empathisch begegnen, können wir uns von Hass und Gewalt in unserer Gesellschaft befreien.
Kannst du dir eine politische Karriere vorstellen und wie würdest du diese mit deinem Studium verbinden?
Jetzt im Wahlkampf merke ich immer mehr, wie gerne und mit wie viel Leidenschaft ich Bürger:innen begegne, ihnen zuhöre, meine Lösungsvorschläge mit ihnen teile und wie sehr ich mich freue, wenn ich mit Menschen Zeit verbringe – wie bei HiB – die nach konkreten Veränderungen in dieser Stadt streben. Um also die Frage zu beantworten: Ja. Ich kann mir eine politische Karriere vorstellen, da ich fest daran glaube, dass es vor allem auf der kommunalen Ebene sehr viel Potential gibt, Dinge gemeinsam mit anderen Akteur:innen – das schließt auch andere demokratische Parteien und Vereinigungen mit ein – zu verbessern. Wenn ich gewählt werde, dann committe ich mich selbstverständlich für die fünf Jahre. Das heißt auch über mein Masterstudium hinaus. Außerdem denke ich, dass der Wahlkampf eine Art Probe für mich ist – werde ich die zusätzliche mentale, aber auch physische Belastung aushalten? Meine Zwischenbilanz lautet: Ja, ich schaffe es, Studium, meine HiWi-Stelle im Carolinum, den Wahlkampf und mein Privatleben unter einen Hut zu bringen. Da hilft nur, bei allem, was man macht, im Hier und Jetzt zu 100 Prozent mental präsent zu sein. Außerdem ist ein Ausgleich sehr wichtig. So mache ich seit Anfang dieses Sommersemesters einen Kundalini-Yoga-Kurs an der Uni. Es geht mir aber nicht um eine politische Karriere selbst, sondern darum, mich für gesellschaftliche Belange einzusetzen. Und bei HiB habe ich Menschen gefunden, die mich dabei unterstützen und an mich glauben.
Inwiefern hat deine Kandidatur Einfluss auf dein Studierendenleben?
Ich merke, dass ich die Inhalte meines Masterstudiums der Geschichte und Anthropologie Südasiens, in dem die Verflechtung von Gesellschaft und Politik behandelt werden, durch die Mitwirkung am „echten Leben“ besser nachvollziehen kann. So ergänzen meine politischen Aktivitäten bei HiB, meine Aufgaben als Fachrat am Südasien-Institut und meine Tätigkeit als Senatsbeauftragter der Uni für Qualitätsentwicklung die Schwerpunkte meines Studiums. Ich überlege mir immer wieder, wie man von Seiten des Gemeinderats der Universität bzw. den Studis mehr unter die Arme greifen kann. Was den Einfluss auf mein Studileben anbetrifft, da werde ich regelmäßig von Kommiliton:innen und Dozierenden wegen meiner Plakate angesprochen. Und erst neulich bin ich einer Professorin von meinem Institut an einem unserer Wahlstände begegnet. Auch im Allgemeinen ist es ein leicht bizarres Gefühl, überall in der Stadt das eigene überdimensionale Gesicht zu sehen, das eine:n freundlich anlächelt.
Heidelberg in Bewegung ist als lokale Liste keiner größeren Partei auf Bundesebene zugeordnet. Wie würdest du selbst die politische Überzeugung deiner Liste beschreiben?
HiB ist es wichtig, sich keinem politischen Lager oder Lobby zuordnen zu lassen. Das heißt, wir vermeiden ein „Entweder-Oder-Denken“, bei dem verschiedene Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt werden, etwas, was auf lange Sicht in meinen Augen die Gesellschaft nur weiter spaltet. Das beste Beispiel ist das Thema bezahlbares Wohnen. Ja, wir setzen uns für Mieter:innen ein. Gleichzeitig wollen wir vor allem ältere und oft auf sich alleingestellte Vermieter:innen vor Mietnomad:innen schützen, da die Vermieter:innen in solchen Fällen auf ihren Kosten sitzen bleiben. Das wir extremistische und demokratiefeindliche Ansichten nicht tolerieren und eine Zusammenarbeit mit einer ganz bestimmten Partei und deren „bürgerlichem“ Counterpart im Gemeinderat ausschließen, das ist selbstverständlich. Alle anderen demokratischen Kräfte im Gemeinderat unterstützen wir sehr gerne, wenn wir nachvollziehen können, dass die unterbreiteten Vorschläge im Sinne aller Menschen in Heidelberg und eben nicht nur im Sinne eines bestimmten Klientels sind. Selbstverständlich gibt es auch andere unabhängige Listen. Da entsteht aber bei mir persönlich der Eindruck, dass dort trotz der scheinbaren Unabhängigkeit, Politik nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen gemacht wird. Außerdem lebt HiB Vielfalt: Bei uns arbeiten Menschen aus der Ukraine und aus Russland zusammen, Menschen aus Palästina treten gemeinsam mit jüdischen Kandidat:innen für eine bessere Zukunft in Heidelberg ein. Wir haben verschiedene Glaubensrichtungen, wir sind jung und alt, wir sind Menschen mit Behinderung, wir sind queer und divers – weil Chancengleichheit für uns selbstverständlich ist, weil unsere verschiedenen Perspektiven eine Heidelberger Politik für alle ermöglichen und weil wir nur gemeinsam die Probleme lösen können, die uns alle betreffen.
Franky Hund, Die Linke:
Wie bist du zu deiner Partei gestoßen, beziehungsweise wieso hast du dich für genau diese Partei entschieden?
Ich war bis 2019 komplett politikverdrossen. Als Arbeiter:innenkind mit Migrationsgeschichte habe ich viele Ungerechtigkeiten im Bildungssystem erlebt. Mit meinen vielen Nebenjobs habe ich langsam gemerkt, dass ich doch etwas gegen diese Missstände tun muss. Für mich war letztlich völlig klar, dass ich Mitglied einer Arbeiter:innenpartei werde. Dass Die Linke keine Spenden aus der Wirtschaft annimmt und politische Arbeit von den Menschen aus denkt, war für mich ausschlaggebend. Ich ging dann zur nächsten Mitgliederversammlung und konnte direkt loslegen.
Was sind besonders studentische Anliegen, die dir wichtig sind?
Die Armut unter Studierenden wurde zu lange romantisiert und verharmlost. Dazu kommt die prekäre Wohnsituation, die sich in den letzten Jahren noch mehr verschärft hat. Besonders trifft das Arbeiter:innenkinder, die wenig bis gar keine finanzielle Unterstützung von daheim erhalten. Zu wenige bekommen Bafög und wenn, dann reicht es hinten und vorne nicht. Die Preise in den Mensen sind ebenfalls gestiegen, die Bafög-Sätze leider nicht.
Auf Bundesebene setzt Die Linke sich daher für ein elternunabhängiges Bafög ein, vor Ort möchte ich mich im nächsten Gemeinderat für mehr Hilfs- und Beratungsangebote einsetzen. Studierende dürfen nicht aus dem sozialen Netz fallen. Hier kann Heidelberg noch deutlich mehr tun.
Für welche Themen möchtest du dich besonders einsetzten?
Mich reizt eine Wohnungspolitik jenseits der kapitalistischen Logik. Ich möchte gemeinwohlorientierten Wohnformen und -projekten mehr Einfluss in der Stadtentwicklung verschaffen. Ein weiteres Herzensthema für mich ist die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in Sportvereinen. Sie sind ein Ort der Demokratie, Teilhabe und Solidarität. Oft sind die Mitgliedsbeiträge aber sehr teuer, Anschaffungskosten für bestimmte Sportartikel eine Hürde. Im nächsten Gemeinderat möchte ich Kindern aus einkommensschwachen Familien mehr finanzielle Zuschüsse ermöglichen.
Warum sollte man dich wählen?
Aufgrund meiner Herkunft war es mir immer wichtig, den Kontakt zu den Menschen außerhalb der Studi-Bubble zu suchen. Durch meine Nebenjobs habe ich viele kennengelernt, die mir auch von ihren schlechten Lebenssituationen erzählten. Das will ich auch nach der Wahl fortführen – den Kontakt zu den betroffenen Menschen suchen, im ständigen Austausch sein. Politik bedeutet für mich, nicht in den Parlamenten und Ausschüssen zu verschwinden, sondern vor Ort aktiv zu sein und den Menschen zu helfen.
Kannst du dir eine politische Karriere vorstellen und wie würdest du diese mit deinem Studium verbinden?
Definitiv nicht. Das ist auch nicht meine beziehungsweise unsere Vorstellung von linker Politik. Wir machen Politik mit den Menschen und sind auch diesen verpflichtet. Wer Karriere machen will, soll in die Privatwirtschaft.
Inwiefern hat deine Kandidatur Einfluss auf dein Studierendenleben?
Ich befinde mich in den letzten Monaten vor meinem Masterabschluss, weswegen ich selten an der Uni bin. Ein klassisches Studierendenleben mit Mensa und Co. habe ich nicht mehr. Dennoch werde ich hin und wieder von Kommiliton:innen auf meine Kandidatur angesprochen.
Was bedeutet die Abspaltung Sahra Wagenknechts und das BSW für Sie konkret als Linke auf Kommunalebene?
Wir haben seit der Abspaltung eine Welle an Neumitgliedern erlebt, die mit neuen Ideen und Energie Schwung in die kommunalpolitische Arbeit bringen. Besonders erfreulich ist es, wenn Menschen aus unterschiedlichen Bewegungen, Projekten oder Bündnissen zu uns stoßen. Sie treten auch auf unserer Liste an. Außerdem müssen wir uns nicht mehr an jedem Infostand für Aussagen rechtfertigen, die nichts mit unserem Programm und Werten als Linke zu tun haben. Dadurch können wir uns auf die konkrete Arbeit vor Ort konzentrieren und starten mit neuer Kraft durch.
Frieda Fiedler, Bündnis 90/Die Grünen:
Wie bist du zu deiner Partei gestoßen beziehungsweise wieso hast du dich für die Grünen entschieden?
Mit 16 Jahren habe ich in meiner Heimatstadt Weinheim im Jugendgemeinderat angefangen, Kommunalpolitik zu machen. Vor Ort habe ich die Grünen kennengelernt und fand dann, dass sie die besten Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit anbieten. Mir sind Klima- und Naturschutz, die offene Gesellschaft und die Gleichberechtigung aller Menschen sehr wichtig. Das vereint mich mit meiner Partei und deshalb habe ich 2019 für die Grünen in Weinheim für den Gemeinderat kandidiert und war dort bis 2023 Stadträtin.
Was sind besonders studentische Anliegen, die dir wichtig sind?
Viele Studierende leiden unter den hohen Mieten in Heidelberg. Ich setze mich dafür ein, dass in Heidelberg auch Studierende sich eine Wohnung leisten können durch mehr Wohnraum in städtischem Eigentum, mehr Wohnungen für junge Menschen bei der städtischen Wohnbaugesellschaft GGH und mehr Wohnheimplätze. Es sollte in Heidelberg auch mehr solidarische Wohnprojekte wie beispielsweise das selbstverwaltete Studierendenwohnheim Collegium Academicum geben. Heidelberg ist eine der jüngsten Städte Deutschlands und ich finde, dazu gehört auch ein Kulturangebot, das für junge Menschen attraktiv ist. Neben der Theaterflatrate, die ich gut finde, braucht es auch eine starke Nachtkulturszene, die ich gezielt unterstützen möchte, durch Starthilfe für neue Clubs oder Förderkonzepte für Livemusik.
Für welche Themen möchtest du dich besonders einsetzen? Warum sollte man dich wählen?
In Heidelberg möchte ich meinen Sitz im Gemeinderat, wenn ich gewählt werde, dafür nutzen, mich für einen konsequenten und sozial gerechten Klimaschutz einzusetzen – beispielsweise mit Solar auf allen städtischen Dächern. Klimaschutz bedeutet mittlerweile auch, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen, durch Hitzeschutz mit Fassadenbegrünung, Verschattung von Plätzen und Grünflächen. Außerdem ist mein Herzensthema die Kultur: von Musik über Literatur und Theater bis zur Feier- und Clubkultur. Ich möchte die vielen Kulturschaffenden in Heidelberg stärken.
Kannst du dir eine politische Karriere vorstellen und wie würdest du diese mit deinem Studium verbinden?
Ich finde, eine politische Karriere ist kein Berufsziel. Ich studiere Editionswissenschaften und mag mein Studium sehr. Nach meinem Master möchte ich entweder promovieren oder in diesem Bereich arbeiten. Ich werde mit voller Kraft und Engagement mein Mandat als Stadträtin ausüben. Alles Weitere wird sich mit der Zeit zeigen. Aber vorstellen kann ich es mir während meines Studiums nicht – meines Erachtens ist ein hauptamtliches Mandat auch nicht mit einem Studium vereinbar.
Inwiefern hat deine Kandidatur Einfluss auf dein Studierendenleben?
In diesem Semester muss ich keine Kurse mehr besuchen, sondern nur Hausarbeiten schreiben. Das ermöglicht mir, meine Zeit auch unter der Woche frei einzuteilen. In der heißen Phase des Wahlkampfs, also den letzten sechs Wochen vor der Wahl, ist es aber fast unmöglich, sich neben der Politik noch auf das Studium zu konzentrieren. Ich habe als Spitzenkandidatin viele Termine, sowohl intern als auch extern – zum Beispiel Interviews oder Podien. Außerdem bin ich auch viel bei Social Media aktiv und hoste parallel noch den Podcast “Küchenkabinett” mit Tim Tugendhat von der SPD. Ab dem 10. Juni kann ich mich dann wieder stärker meinen Hausarbeiten widmen.
In Umfragen zur Bundestagswahl und zur EU-Wahl sind die Grünen in den Werten gefallen. Wie könnte eure Politik auf Kommunalebene die Zustimmung für die Partei bundes- beziehungsweise europaweit beeinflussen?
Laut der Heidelberg-Studie sind die Grünen seit Jahren mit Abstand die beliebteste Partei im Gemeinderat. Ich finde auch, dass die Grünen in den letzten fünf Jahren als stärkste Fraktion viele Vorhaben umgesetzt haben. Zum Beispiel die Flusswärmepumpe am Neckar für mehr grüne Fernwärme, die Vorgabe, dass bei Neubauten künftig 50 Prozent bezahlbarer Wohnraum entsteht, günstige Nahverkehrstickets für Erstis und Azubis im ersten Jahr und die Begrünung einiger Plätze in der Stadt wie dem Marlene-Dietrich-Platz. Außerdem haben wir die finanzielle Aufstockung um 300.000 Euro des Förderprogramms ‚Mehr junge Feierkultur‘ unterstützt. Nach einigen Studien ist das Vertrauen der Menschen in die kommunalpolitische Ebene am höchsten. Ich denke, dass wir durch gute Politik vor Ort zeigen können, dass wir Grüne uns für die Menschen hier einsetzen. Das kann viele positive Effekte, auch für höhere Ebenen und Trends, haben.
Loris Graf, Volt:
Wie bist du zu deiner Partei gestoßen beziehungsweise wieso hast du dich für genau diese Partei entschieden?
Gewählt habe ich Volt schon bei der EU-Wahl 2019, beigetreten bin ich dann nach meinem Abi 2020. Hauptgründe waren für mich, dass die Partei eine konkrete Vision verfolgt: Eine Europäische Republik, die sozial gerechten Klimaschutz, eine innovative Wirtschaft und die effektive Bekämpfung von Steuervermeidung und Korruption möglich macht. Zum Erreichen dieser Ziele arbeitet Volt wissenschaftsbasiert, indem wir uns an Best Practices aus anderen Städten und Ländern orientieren. Auch das hat mich sehr überzeugt.
Außerdem hat Volt deutlich flachere Hierarchien als die großen Parteien, sodass man sich direkt überall einbringen kann.
Was sind besonders studentische Anliegen, die dir wichtig sind?
Es geht mir nicht nur um Studierende, sondern allgemein um junge Menschen. In den letzten Jahren wurden wir mit einer Krise nach der anderen konfrontiert und von allen Seiten bekamen wir zu hören, dass alles den Bach runter geht.
Ich möchte, dass junge Menschen optimistisch sind, positive Zukunftsvisionen haben und sich für diese Visionen einsetzen. Nur mit zukunftsorientiertem politischem Engagement können wir der Klimakrise, dem Rechtsruck und der sozialen Ungerechtigkeit etwas entgegensetzen. Deswegen ist es mir besonders wichtig, nicht nur die Forderungen von Volt zu bewerben, sondern die Lust am Mitgestalten zu wecken.
Wenn wir keine Visionen haben, gewinnen die Dystopien der Extremisten.
Für welche Themen möchtest du dich besonders im Gemeinderat einsetzen?
Neben der Dauerkrise Wohnen möchte ich mich vor allem für die Mobilitätswende einsetzen. Verkehr ist einer der Sektoren, mit dem man am effektivsten auf kommunaler Ebene gegen die Klimakrise vorgehen kann. Da hinkt die Stadt besonders hinterher. Den Titel „Fahrradstadt“ verdient Heidelberg absolut nicht und der ÖPNV lässt auch stark zu wünschen übrig, vor allem in den äußeren Stadtteilen. Für die konkreten Maßnahmen wollen wir uns an der Radinfrastruktur der Niederlande und dem ÖPNV in der Schweiz orientieren.
Dazu gehört mehr rnv-Personal, unter anderem durch die Förderung von günstigem Wohnraum für Fachkräfte mit niedrigem Einkommen, zum Beispiel in Form von Betriebswohnungen.
Warum sollte man dich wählen?
Ich stehe hier stellvertretend für die jüngste Liste dieser Kommunalwahl (Mittel: 34, Median: 30). Weil wir bei Volt so jung sind, wollen wir keine Politik für die nächsten 15 Jahre machen, sondern für die nächsten 50 Jahre.
Mit Best Practice Ansätzen, sowohl in der Europa- als auch in der Kommunalpolitik, möchten wir auf allen politischen Ebenen an einer besseren Zukunft arbeiten. Wir wollen bezahlbares Wohnen wie in Wien, sicheres Radfahren wie in Amsterdam, verlässlichen ÖPNV wie in der Schweiz, moderne Schulen wie in Skandinavien und digitale Verwaltung wie in Estland.
Kannst du dir eine politische Karriere vorstellen und wie würdest du diese mit deinem Studium verbinden?
Gerade auf kommunaler Ebene in Heidelberg habe ich große Lust, mich langfristig einzubringen. Das allerdings neben dem Bio-Studium bzw. später neben dem Berufsleben, also werde ich da eine Balance finden. Ob es mich irgendwann mal hauptberuflich in die Politik und gegebenenfalls. höhere Ebenen zieht, kann ich heute noch nicht sagen.
Inwiefern hat deine Kandidatur Einfluss auf dein Studierendenleben?
Neben meiner Kandidatur bin ich gleichzeitig einer von zwei City-Leads von Volt Heidelberg. Das heißt, dass ich gemeinsam mit meiner Kollegin gerade vor allem Veranstaltungen organisiere, et cetera.
Dadurch ist mein Workload gerade nochmal besonders hoch. Wenn ich nicht die Möglichkeit gehabt hätte, meine Veranstaltungen dieses Semester auf die Zeit nach dem Wahltermin zu legen, könnte ich dieses Pensum gar nicht stemmen.
Trotzdem achte ich darauf, mir genug Zeit für Freizeit und Freunde zu nehmen.
Yasmin Renani, CDU :
Wie bist du zu deiner Partei gestoßen und warum kandidierst du für diese Partei?
Als ich 15 Jahre alt war bin ich in die Schüler Union eingetreten, weil ich mich unbedingt im parteipolitischen Kontext engagieren wollte. Angela Merkel als erste Bundeskanzlerin faszinierte mich und diente mir als Inspiration.
Ich kandidiere um alle Bürger:innen, die pragmatische und christlich-soziale Kommunalpolitik schätzen, zu repräsentieren und dies geht am besten bei der CDU.
Was sind besonders studentische Anliegen, die dir wichtig sind?
Besonders wichtig ist mir die mentale Gesundheit der Studierenden in Heidelberg. Ich kenne einfach zu viele Studis, denen es wirklich sehr schlecht geht und die irgendwie versuchen sich durchs Studium zu schlagen. Das berührt mich und ich finde es wichtig, dieses private Thema auf kommunaler Ebene zu politisieren. Es muss viel mehr in diesem Bereich passieren, besonders wenn Indikatoren, wie die Anzahl der Erkrankten oder der Krankheitstage, ganz klar alarmierendes Ausmaß annehmen.
Für welche Themen möchtest du dich besonders im Gemeinderat einsetzen?
Wir haben einige Vorschläge zur Verbesserung der mentalen Gesundheit der Studierenden in Heidelberg entwickelt, die man auf unserer Website findet. Ich würde mich gerne für die Förderung dieser Projekte einsetzen.
Die wirtschaftliche Situation Heidelbergs ist mir sehr wichtig, da wir nur so weiterhin unsere ganzen bestehenden Projekte finanzieren können. Ich setze ich dafür ein, Jobaussichten zu verbessern und den inhabergeführten Unternehmen es einfacher zu machen. In diesem Bereich ist unsere Partei sehr stark aufgestellt.
Warum sollte man dich wählen?
Es gibt nichts, was mich mehr inspiriert, als bei der Verbesserung und Erhaltung unserer Demokratie mitzuwirken. Im Gemeinderat werde ich versuchen, alle meine Perspektiven zu verknüpfen, um Kompromisse zu finden und gleichzeitig wehrhaft gegenüber Demokratiefeinden zu sein. Wer dieses Vorhaben unterstützten will, sollte mich wählen.
Kannst du dir eine politische Karriere vorstellen und wie würdest du diese mit deinem Studium verbinden?
Aktuell kann ich mir keine politische Karriere nach dem Studium vorstellen.
Inwiefern hat deine Kandidatur Einfluss auf dein Studierendenleben?
Meine Kandidatur hat alles verändert, da sie sehr viel Platz in meinem Leben einnimmt. Insbesondere die Monate vor der Wahl sind sehr intensiv und diese Zeit fehlt mir dann für mein Studium oder meine Freizeit.
Andererseits ist es sehr bereichernd die Stadt Heidelberg außerhalb einer studentischen Perspektive zu sehen und somit auch anders zu verstehen. Ich denke, dass es echt wertvoll für die persönliche Entwicklung ist, diese Kombination aus studentischem Alltagsleben und kommunalpolitischen Veranstaltungen zu erleben.
Felix Illert, Die PARTEI:
Warum kandidierst du neben deinem Studium bei der Kommunalwahl?
Mein Hauptanliegen ist persönlicher Art: Ich bin Historiker, mit dementsprechend spärlichen Berufsaussichten. Von daher fände ich so fünf Jahre bedingungsloses Grundeinkommen von 900 Euro, zusätzlich zu meinem bedingungslosem Grundeinkommen in Form des Bafögs schonmal ganz gut. Zusätzlich geben die Stadtwerke ein gutes Sitzungsgeld und es werden Aufsichtsratsplätze verteilt, was ziemlich gut schmecken würde. Es wäre also alles finanziell hochattraktiv.
Warum hast du dich für „die Partei“ entschieden?
Also, die Partei fand ich schon immer witzig und cool und im Vergleich zu den anderen auch als Einzige wählbar. 2018 stieß ich über einen Bekannten auf Hochschulpolitik und schrieb den Menschen von „Der LISTE“, wie man denn teilnehmen könne. Die Antworte lautete dann „garnicht, wir haben unser Studium abgeschlossen“ – ein komisches Konzept, das ich seit sechs Jahren zu vermeiden suche. Im Endeffekt gründete ich das Ding dann in meinem ersten Semester als Vorsitzender neu, wodurch dann eins zum anderen kam.
Was sind studentische Anliegen, die dir wichtig sind?
Da gibt es ein paar Themen, die sehr wichtig sind: Die Partei setzt sich seit jeher gegen die Sperrzeiten ein, diese würden wir dann einfach pragmatischerweise auf mittags 10-16 Uhr verlegen. Zum anderen gibt es den großen Punkt der Eliteuniversität: Das sollte hier alles viel elitärer werden, entsprechend sollten Arbeiterkinder (inklusive mir) von der Uni geekelt werden. Ich finde auch eine Abschaffung des Bafögs sehr gut, wie ich bereits seit 2019 formuliere. Dies in Verbindung mit sehr hohen Studienbeiträgen für Arbeiterkinder würde uns unserem Ziel der Erreichung des Elitenstatus näherbringen.
Für welche Themen möchtest du dich besonders einsetzen?
Neben den studentischen haben wir auch andere Themen, die oft aufgegriffen werden: da wäre zum Beispiel Wohnraum. Wir wollen als Die PARTEI Heidelberg schon seit längerem ein Wohnheim für besonders Faule („im Faulen Pelz“) Menschen errichten, bei dem diese durch niedrige Miete in Ihrer Faulheit gefördert werden. Ein weiteres Thema, was ich besonders von konservativer Seite häufig höre, ist das der Parkplätze: Dies muss ernstgenommen werden, weswegen wir planen, den Neckar zuzubetonieren, um somit neuen Parkraum zu schaffen. Zuletzt das Großthema Energiesicherheit: Ich möchte die anstehende Renovierung des Marstalls für einen Umbau zu einem Atomkraftwerk hin nutzen, da ich in der politischen Kommunikation immer wieder höre, wie sicher AKWs ja sind.
Warum sollte man dich wählen?
Erstmal natürlich: „Diesen Augen können Sie trauen“, ich sage immer die Wahrheit. Als einer der wenigen Kandidierenden kann man bei mir wirklich darauf vertrauen, dass ich alles, was ich so sage auch eins zu eins umsetzen werde. Zum Anderen bin ich besonders nah an der Studierendenschaft, sowohl über mein hochpolitisches Engagement, als auch über meine Arbeit an der Quelle: In den verschiedensten Kneipen der Stadt.
Tim Bremicker, Die Heidelberger:
Wie bist du zu deiner Partei gestoßen beziehungsweise wieso hast du dich für genau diese Partei entschieden?
Mich hat an Den Heidelbergern ihr zivilgesellschaftliches Engagement in den vielen Vereinen unserer Stadt gereizt. Ich finde es wichtig, dass Kandidatinnen und Kandidaten kommunaler Listen nicht nur die Politik gestalten wollen, sondern vor allem jenseits davon aktive Rollen in der Zivilgesellschaft einnehmen.
Was sind besonders studentische Anliegen, die dir wichtig sind?
Besonders wichtige studentische Themen sind für mich die Schaffung von neuem Wohnraum und einer lebendigen Kulturszene. Wir haben hier viele kluge und kreative Köpfe, deren Potential in unserer Stadt noch nicht ausreichend sichtbar ist. Hier muss die Kommune noch mehr auf die Studierenden zukommen und Konzepte finden, um sie mehr in das städtische Leben einzubinden. Es gibt bereits eine studentische Zeitung sowie Unternehmens- und Rechtsberatung. Warum also nicht auch dieses Potential für Projekte der Stadtentwicklung nutzten?
Für welche Themen möchtest du dich besonders einsetzen? Warum sollte man genau dich wählen?
Eines meiner wichtigsten Anliegen ist ein verlässlicher Kulturhaushalt der Stadt Heidelberg, mit einer diversen und breitgefächerten Förderung. Momentan entscheidet hier der Gemeinderat willkürlich. Unsere Mittel sind begrenzt, weshalb die Vergabe von Förderungen gut geregelt sein muss. Deshalb finde ich es wichtig, dass sich der Gemeinderat selbstverbindliche Kriterien bei der Förderung kultureller Projekte gibt und diese öffentlich gemacht werden. Momentan hängt eine Förderung leider oftmals von den persönlichen Kontakten ab, so dass es nicht etablierte Kulturschaffende besonders schwer in Heidelberg haben.
Kannst du dir eine politische Karriere vorstellen und wie würdest du diese mit deinem Studium verbinden?
Nein ich kann mir keine politische Karriere vorstellen. Lieber möchte ich mich für lokale politische Themen einsetzen und nicht dauerhaft auf ein Mandat hinarbeiten.
Inwiefern hat deine Kandidatur Einfluss auf dein Studierendenleben?
Der Wahlkampf ist schon ein weiterer Stressfaktor. Eigentlich wollte ich mich parallel zu meiner Seminararbeit schon auf mein Examen im nächsten Jahr vorbereiten. Das ist momentan leider nicht möglich.
Die Heidelberger sind als lokale Liste keiner größeren Partei auf Bundesebene zugeordnet. Wie würdest du selbst die politische Überzeugung deiner Liste beschreiben?
Kommunale Wählerlisten leben mehr von den einzelnen politischen Überzeugungen ihrer Mitglieder. Anders als bei den großen Parteien gibt es keine übergeordneten Parteibeschlüsse oder -Programme, so dass man ein gewisses Maß an Unabhängigkeit hat, weshalb mir eine Zuordnung schwer fällt. Trotzdem würde ich Die Heidelberger wohl eher dem bürgerlichem Spektrum mit einer besonderen Nähe zur CDU und FDP zuordnen.
Mitteilung der Redaktion:
Wir haben beschlossen, keine:n Kandidat:in der Alternative für Deutschland vorzustellen. Dies beruht nicht zuletzt auf der aktuellen verfassungsrechtlichen Prüfung der Partei. Der Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Maximilian Krah, verharmloste gegenüber der Zeitung La Repubblica die SS, woraufhin er seinen Rückzug aus dem Bundesvorstand angekündigt und Wahlkampfveranstaltungen abgesagt hat. Björn Höcke wurde vom Landgericht Halle wegen der Verwendung von NS-Parolen zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Des Weiteren ist die AfD-Jugendorganisation als gesichert rechtsextrem eingestuft. Die Partei fällt außerdem häufig durch rassistische, antisemitische und queerfeindliche Äußerungen ihrer Mitglieder auf. Angesichts dieser antidemokratischen Tendenzen halten wir es als Redaktion nicht für vertretbar, dieser Partei hier eine Bühne zu geben.
Von Justus Brauer, Ayeneh Ebtehaj, Bastian Mucha, Claire Meyers, Finn Falory, Lara Husemann, Mathis Gesing und Michelle Kochno
… hielt schon immer gerne eine Zeitung in der Hand. Seit Frühling 2023 kann er seine Begeisterung für den Journalismus beim ruprecht ausleben.
Ayeneh Ebtehaj studiert Politikwissenschaft und Anglistik. Sie schreibt seit April 2023 für den ruprecht, am liebsten über Politik, Kultur und Themen, die Studis betreffen. Seit November 2023 leitet sie das Ressort Studentisches Leben.
Bastian Mucha studiert irgendwas mit Naturwissenschaften (Molekulare Biotechnologie) und schreibt seit Sommersemester 2023 für den ruprecht. Neben der Leitung der Bildredaktion ist er vor allem für Illustrationen, Wissenschaft und Satire immer zu haben.
Claire Meyers studiert Politikwissenschaften und Geschichte und schreibt seit anfangs des Wintersemester 2023/24 für den ruprecht. Besonders interessiert sie sich für Politik, schreibt aber auch gerne über Heidelberg oder kulturelle und gesellschaftliche Themen.
Mathis Gesing studiert Politikwissenschaft und Philosophie und schreibt seit dem Wintersemester 2023/24 für den ruprecht. Er interessiert sich vor allem für Politik, Kultur, die neuesten Entwicklungen in Heidelberg und was die Studis oder ihn gerade so bewegt.
Michelle Kochno studiert Politikwissenschaften und öffentliches Recht. Beim ruprecht ist sie seit Januar 2024 und scheibt am liebsten über Wort und Kultur.
Till Gonser studiert Physik im Master und fotografiert seit Herbst 2019 für den ruprecht. Von Ausgabe 200 bis Ausgabe 208 leitete er das Online-Ressort, von Ausgabe 205 bis 210 die Bildredaktion.