Auch wenn Europas Sternenhimmel vor lauter antieuropäischem Gemüt aktuell verdeckt bleibt und neue Bündnisse die Weltherrschaft anstreben. Auch wenn russische Drohnen NATO Gebiet überfliegen und Soldaten an ihrer Grenze für Freiheit sterben, verteidigt ein kleines Land am östlichen Rand des Kontinents vehement das europäische Ideal, trotz massivster russischer Einmischung. In der Nacht vom 28. auf den 29. September erreicht die pro-europäische Partei PAS eine absolute Mehrheit im moldauischen Parlament. Diese verspricht den EU-Beitritt der kleinen Republik Moldau bis 2028.
Den wegweisenden Erfolg am Sonntag verdankt das pro-europäische Politikum aus Chisinau mal wieder der im Ausland lebenden Diaspora, die immer den entscheidenden Unterschied in solchen Wahlen macht. Eine stolze Diaspora, zu der ich selbst gehöre. Eine Diaspora, die Hunderte von Kilometer zurücklegt, um die Stimme am nächst-gelegenen Wahllokal abzugeben; eine Diaspora, die in der Wahlnacht vor lauter Aufregung nicht einschlafen kann; eine Diaspora, die geduldig Schlange vor den Wahllokalen steht, da mal wieder ein falscher Bombenalarm in heißen Wahlstunden abgegeben wurde.
Auch wenn die Moldawier die russische Einmischung kaum mehr überrascht, erreicht sie trotzdem neue Dimensionen in diesem historischen Wahlgang. Die Expert:innen von Watchdog sprechen von über 300 Millionen Euro aus Russland zur Finanzierung von Stimmenkauf, aggressiven Desinformationskampagnen gegen den Westen, von organisierten Strukturen mit Gewaltbereitschaft und Umsturzfantasien. Eine Rekordsumme, wenn relativ zur Bevölkerung des Landes (ca 2,5 Millionen) betrachtet.
Womit verdient sich Moldau so viel Aufmerksamkeit aus dem Kreml? Vielleicht wegen Transnistrien, eine kleine russisch geprägte Enklave Moldaus, wo illegal russische Truppen seit 1992 stationieren und 22 Tausend Tonnen sowjetische Munition (das größte Arsenal in der Region) gebunkert sind. Ein wahres Pulverfass mit großem Eskalationspotential. Gelegen zwischen Ukraine und Rumänien, direkt an der NATO Grenze, wirkt Moldau strategisch interessant für Putin. Die Präsidentin Maia Sandu warnt vor den Wahlen, Russland könne aus Moldau eine neue Front gegen die Ukraine eröffnen und sie als Plattform für Drohnen gegen den Westen nutzen.
Der Westen lernt, wenn auch reichlich spät, Osteuropa immer mehr Gehör zu schenken beim Thema Russland. Die pro-europäische Kampagne schlägt am 27. August zurück mit dem Staatsbesuch dreier großer europäischer Staatsoberhäupter am nationalen Unabhängigkeitstag. Macron, Tusk und Merz halten im Jubel reden auf der Bühne vor der versammelten Menschenmenge, in dem sie die Zugehörigkeit des moldauischen Volkes zu der europäischen Familie betonen.
Die kleine wehrhafte Demokratie steht ungerührt vor dem großen russischen Bären. Der Osten verteidigt Europa jeden Tag an ihrer äußersten Frontlinie. Auch wenn der Westen mal vergisst, wie unglaublich schön das Projekt EU eigentlich ist, sind wir bereit ihn daran zu erinnern. Der europäische Gedanke stirbt nicht, solange Menschen dafür kämpfen – sei es mit Waffen oder mit Ihrer Stimme.
Von Andreea Surugiu
...beobachtet gerne, schreibt über Menschen und studiert Medizin. Die Welt wird durch das Schreiben kohärenter, ertragbarer, schöner.
...studiert molekulare Biotechnologie und ist seit dem Sommersemester 2023 beim ruprecht. Meistens schreibt sie wissenschaftliche Artikel oder über das studentische Leben. Seit November 2023 kümmert sie sich außerdem um die Website und den Instagram-Kanal des ruprecht.









