Vertraute Held:innen, bekannte Geschichten und das immer gleiche Spektakel: Die großen Filmstudios recyclen ihre Erfolge – auf Kosten von Überraschung und Tiefe
Kommentar
Wäre das Hauptwerbemittel der Filmindustrie nicht die alljährliche Halbzeitshow des Superbowls, sondern nach wie vor hölzerne Plakatwände an dubiosen S-Bahn-Haltestellen, so wäre die Aufgabe des Plakatierens eine kurze: Auf den Postern müssten nur gelegentlich die Nummer getauscht werden, und schon könnte der nächste Film beworben werden.
Denn man kommt nicht umhin, beim Durchstöbern der Kinoprogramme zu bemerken, dass man sehr weit blättern muss, um auf einen Film zu stoßen, der nicht das Remake eines Zeichentrickfilms, das x-te Spinoff, Prequel oder der y-te Teil einer Reihe ist.
Es ist dabei überhaupt nicht verkehrt, von einer liebgewonnenen und erfolgreichen Reihe oder gar einem Universum neues Material zu produzieren und zu konsumieren. Liebgewonnenes schafft einen Rückzugsort, eine Nostalgie und Erinnerungen, die beim Schauen hervorgerufen werden. Vielleicht reizt es die Filmschaffenden im Besonderen, alten Inhalten eine neue Note zu verleihen, und als Konsument:in fiebert man gerne einer früheren Leidenschaft aufs Neue entgegen.
Jedoch scheint es, als verpassten Produzent:innen regelmäßig den Punkt, an dem eine Ideenquelle versiegt ist. Zu oft nimmt die Qualitätskurve einer Reihe mit zunehmender Filmzahl ab, zu oft fällt das Remake bei den treuen Fans durch, und es scheint, als lösche der finanzielle Erfolg das kreative Feuer. Statt eine neue Idee zu wagen, ruht sich die Filmbranche auf der finanziellen Sicherheit bereits erfolgreicher Filme aus und kaut das Material wieder und wieder – und immer wieder – durch.
„Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist“, das weiß auch der Volksmund. Menschen bewerten Erlebnisse hauptsächlich nach ihren Gefühlen am intensivsten Punkt und am Ende, so lautet wiederum die „Peak-End-Rule“ des Psychologen Daniel Kahneman. Wir machen weiter, solange die Kasse klingelt, denkt scheinbar die Filmindustrie. Statt starke Schlusspunkte zu setzen, wird an Geschichten herumgezogen, bis die fünfte Fortsetzung die ursprüngliche Wirkung verwässert und die Fans mit einem Gefühl der Ausgelaugtheit zurücklässt.
Dabei besteht doch die Kunst an der Kunst wohl gerade darin, etwas Neues, etwas Eigenes zu schaffen, das vorher noch nicht dagewesen ist und ein frisches Monument der Kreativität erschafft. Nur neue Ideen überraschen, führen zu diesem besonderen Kribbeln, wenn man von einer Handlung besonders mitgenommen oder von einer Wendung besonders überrascht wird. Nur neue Kreativität eröffnet neue Welten, nur frische Fantasie regt den Kopf an.
Und während auf der Kinoleinwand noch „to be continued“ zu lesen ist, sind die Filmklassiker aus Kindheit und Jugend ein Stückchen mehr entzaubert.
Von Katharina Frank
...studiert Physik im Bachelor und schreibt seit Ende 2023 für den ruprecht. Sie interessiert sich besonders für Wissenschaftskommunikation und Berichte aus Musik, Film und Fernsehen.
…studiert Germanistik im Kulturvergleich und Anglistik im Master. Sie schreibt seit dem Sommersemester 2024 für den ruprecht. Wenn sie nicht gerade schreibt oder liest, singt sie zu Taylor Swift mit, während sie Kekse backt.









