Distanz trotz Nähe: Wie rechtes Gedankengut und Migration im Emmertsgrund und Boxberg zusammenkommen
„Wenn sich ein Hund einem Wolfsrudel anschließt, ist er dann ein Wolf oder bleibt er Hund? #Passbeschenkter.“ twitterte Stephan Protschka, Mitglied des Bundestags für die AfD schon 2018. Dass die sogenannte Alternative für Deutschland mit solchen Zitaten auffällt, ist nichts Neues. Die Partei macht schließlich keinen Hehl aus ihrer Migrationsfeindlichkeit. Trotz dieser klaren Haltung fällt mit Blick nach Emmertsgrund und Boxberg auf: Gerade in diesen Stadtteilen mit großem Migrant:innenanteil schnitt die AfD bei vergangenen Wahlen besonders gut ab.Während laut Bevölkerungsbericht 2022 etwa ein Fünftel aller Bürger:innen in Heidelberg eine ausländische erste Staatsangehörigkeit haben, liegt der Anteil in Emmertsgrund bei etwa 30 Prozent und in Boxberg bei 29 Prozent. In der Grundschule im Emmertsgrund haben 63,8 Prozent der Schüler:innen einen Migrationshintergrund und Menschen aus über 100 Nationen sind hier zu Hause.Trotzdem gewann die als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestufte Partei im Vergleich zu anderen Stadtteilen Heidelbergs hier ausgesprochen viele Stimmen. Während die AfD bei der Europawahl 2019 im Heidelberger Durchschnitt 6,2 Prozent der Stimmen erhielt, waren es in Boxberg 14,56 Prozent und im Emmertsgrund 15,68 Prozent. Im selben Jahr bekam die AfD bei der Kommunalwahl in einem Wahlbezirk des Emmertsgrunds sogar den größten Anteil der Wählerstimmen. 2021 erreichte die Partei in beiden Stadtteilen einen etwa dreimal höheren Stimmenanteil als im Heidelberger Mittel. Die guten Ergebnisse der rechten Partei könnten sich unter anderem mit den verschiedenen Gruppen erklären lassen, die hier auf engem Raum nebeneinander leben. Wenn diese nur oberflächlich in Kontakt sind, besteht etwa die Möglichkeit für die Entstehung von Bedrohungsgefühlen. Einerseits bildet sich die Annahme, dass der Wettbewerb um den Arbeitsplatz, Wohnraum und Wohlstand durch die Präsenz von Fremdgruppen extremer wird. Andererseits sorgen sich die Menschen auch um das Kulturelle. Es entsteht die Angst, nicht mehr Teil der dominanten Mehrheit zu sein, nach der sich vermeintlich die Regeln des öffentlichen Lebens richten. Diese Angst ist die Grundlage für die daraufhin entstehende Xenophobie. Jedoch besteht auch die Chance auf ein positives Aufeinandertreffen. Es können sich Kontakte zwischen den Gruppen bilden, welche die Angst vor fremden mindern. Vor allem im Emmertsgrund gibt es Initiativen, um diese Kontakte durch ein vielfältiges Kultur- und Bildungsprogramm zu schaffen und den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Generell kann man nicht sagen, dass häufiger interkultureller Kontakt im Alltag zu mehr Xenophobie führt, da oft auch das positive Gegenbeispiel auftritt. Doch für das Entstehen dieser Kontakte zwischen Gruppen bedarf es der Möglichkeit dazu. Es lohnt sich also, die baldigen Wahlergebnisse von Emmertsgrund und Boxberg anzuschauen, denn diese könnten Auskunft über die Entwicklung des alltäglichen Zusammenlebens in den Stadtteilen liefern.
Von Pauline Zürbes und Xenia Harms