Reiche Eltern erkaufen sich die Studienplätze ihrer Kinder. Dies geschieht nicht nur auf legalem Wege
Was ist dir deine Bildung wert? Etwa viel Zeit und harte Arbeit? Oder doch lieber 1,2 Millionen Dollar? Für einige wohlhabende Eltern in den USA schien die Antwort klar. Sie versuchten durch Bestechung, ihren Kindern einen begehrten Platz an einer Eliteuniversität zu sichern. In einem Bestechungssystem, getarnt als steuerbefreite Wohltätigkeitsorganisation, flossen in den Jahren 2011 bis 2019 mehr als 25 Millionen Dollar. Hierbei überwiesen Eltern Schmiergelder in Form von Spenden zwischen wenigen Tausend und 1,2 Millionen Dollar.
Hinter dem Skandal steckt der Zulassungsberater William Singer, der ein Unternehmen zur Collegevorbereitung führte. Den Bewerber:innen verschaffte Singer auf Umwegen Plätze an renommierten Universitäten wie Yale, Stanford oder der University of California. So erhielten beispielsweise Sporttrainer:innen der Colleges Bestechungsgelder, um Bewerber:innen zu rekrutieren, obwohl diese nicht die notwendigen sportlichen Fähigkeiten besaßen. Im extremsten Fall zahlte ein Elternteil 1,2 Millionen Dollar, damit seine Tochter im Jahr 2017 in Yale als Fußballerin rekrutiert wird. Mittlerweile wurde sie allerdings der Uni verwiesen. Eine weitere Betrugsmethode war die Fälschung des Scholastic Assessment Tests, kurz SAT, der bei der Bewerbung an vielen US-Universitäten eine Rolle spielt. Es wurden Testbetreuende bestochen, die die Ergebnisse der Tests manipulierten, oder Dritte wurden angeheuert, die den Test im Namen der Schüler:innen schrieben.
Auch die oscarnominierte Schauspielerin Felicity Huffman, bekannt aus Desperate Housewives, war an dem Korruptionsskandal beteiligt. „Ich hatte das Gefühl, dass ich eine schlechte Mutter wäre, wenn ich es nicht tun würde“, sagte Huffman in einem exklusiven Interview mit dem TV-Sender ABC7 im Dezember. Huffman selbst zahlte 15.000 Dollar, um den SAT-Score ihrer Tochter aufhübschen zu lassen. Singer versicherte ihr, dass ihre Tochter in keinem ihrer Wunsch-Colleges angenommen werden würde und legte ihr seine illegalen Methoden nahe. „Es schien mir wie die einzige Chance, meiner Tochter eine Zukunft zu bieten, was bedeutete, dass ich das Gesetz brechen musste“, erklärte Huffman ihr Handeln.
2019 wurden nach umfassenden Ermittlungen des FBI 53 Menschen verurteilt. Auch Huffman wurde zu elf Tagen Gefängnis, 30.000 Dollar Strafe und 250 Stunden gemeinnütziger Arbeit verpflichtet. Sie schulde der akademischen Gemeinschaft sowie den Studierenden und Familien, die viele Opfer bringen und sehr hart arbeiten, eine Entschuldigung, sagte Huffman.
Drahtzieher Singer wurde im Januar letzten Jahres zu dreieinhalb Jahren Haft und einer Strafzahlung in Höhe von 19 Millionen Dollar verurteilt. Er kooperierte umfassend mit den Behörden und half dabei, Beteiligte zu überführen, indem er hunderte Telefonate aufzeichnete.
Auch auf legalem Weg haben die Kinder reicher Eltern nach wie vor deutliche Vorteile bei der Bewerbung um einen Studienplatz an einer amerikanischen Eliteuniversität, von den Studiengebühren ganz abgesehen.
Beispielsweise spenden die Eltern hohe Summen an die Universität oder stellen zumindest eine Spende in Aussicht, um ihren Kindern einen Vorteil im Bewerbungsprozess zu verschaffen. Bewerber :innen, die beabsichtigen, die gleiche Uni wie die eigenen Eltern zu besuchen, werden häufig über die sogenannte „legacy preference“ bevorzugt.
Zudem ist die Zulassung zu den Colleges über bestimmte Sportarten einfacher als über andere. Beim Rudern oder Reiten zum Beispiel, die vorrangig von Reichen ausgeübt werden, ist die Konkurrenz geringer. Deshalb betreiben die Kinder wohlhabender Familien gezielt diese Sportarten, um eine Zusage zu erhalten.
Huffmans Tochter wurde laut der Schauspielerin von jedem College, bei dem sie sich während des Skandals beworben hatte, abgelehnt. Sie habe aber nun ihren SAT wiederholt und studiere an der Carnegie Mellon University – aus eigenem Verdienst.
Von Pauline Zürbes
Till Gonser studiert Physik im Master und fotografiert seit Herbst 2019 für den ruprecht. Von Ausgabe 200 bis Ausgabe 208 leitete er das Online-Ressort, von Ausgabe 205 bis 210 die Bildredaktion.