Mit einem Auftakt am 26. Juni begannen die Jüdisch-Muslimischen-Kulturtage, kurz JMKT: Bis zum 11. August findet im Heidelberger Stadtbild ein vielseitiges Programm statt, das jüdische und muslimische Lebensrealitäten sichtbar und erfahrbar machen soll. Anlässlich des Gastarbeiter-Anwerbeabkommens mit der Türkei, dessen 60. Jubiläum Ende letzten Jahres stattfand, tritt nun die Migrationsgeschichte aus jüdischer und muslimischer Perspektive deutschlandweit zutage. Die Heidelberger Kulturtage sind dabei einmalig. Organisiert werden sie, als Teil des Heidelberger Bündnisses für Jüdisch-Muslimische Beziehungen, von der Initiative „Teilseiend“ und der Muslimischen Akademie Heidelberg, der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, dem Karlstorbahnhof sowie dem Amt für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg.
Unter dem Leitgedanken „Neue Normalität(en)“ ist das Ziel der Kulturtage eine Auseinandersetzung mit jüdischer und muslimischer Kultur, um ein Miteinander zu fördern und Barrieren aufzulösen. „Das ist unsere Arbeit“, sagt Fatima Panz, zertifizierte Stadt- und Moscheeführerin in Heidelberg. In acht Stationen leitete sie im Rahmen der JMKT Besichtigungen durch das muslimisch geprägte Stadtbild. So führt sie Interessierte an das „Türkenhaus“ in der Weststadt und erzählt die Geschichte des Iqbal-Ufers am Neckar. Sie selbst bezeichnet sich als „schwäbische Türkin“. Ihr Vater kam in den sechziger Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland, Fatima selbst ist in Deutschland groß geworden. „Ich bin in zwei Welten aufgewachsen“, so die Stadtführerin. Sie betont: „Keinerlei Berührung mit anderen Kulturen führt zu Angst und Unverständnis. Es gilt, Vorurteile abzuschaffen. Wenn ich anfange zu sprechen, werde ich verstanden“.
Mit Klischees und Fremdzuschreibungen aufräumen
Für mehr Berührungspunkte sorgen neben der Stadtführung auch weitere Programmpunkte der Veranstaltungsreihe. Diese setzen sich zusammen aus Kunstprojekten, Synagogen- und Moscheeführungen, Filmvorführungen, Ausstellungen und Lesungen. So lädt seit dem 14. Juli die die Fotoausstellung „Das hier ist kein Kopftuch“ der Künstlerin Asma Aiad dazu ein, Mode und Identität zu hinterfragen und mit Klischees und Fremdzuschreibungen aufzuräumen. Ihr Fotoprojekt wird aktuell in der Hochschule für Jüdische Studien ausgestellt und ist von Montag bis Donnerstag geöffnet.
Eine weitere Ausstellung öffnet am 21. Juli in der Internationalen Gesamtschule Heidelberg ihre Pforten. „Was’ los, Deutschland“ beschäftigt sich mit Islamfeindlichkeit und der Frage, wie wir, insbesondere junge Menschen, in unserer Gesellschaft leben wollen.
Zudem finden am 24. Juli eine weitere Moscheen-, sowie Synagogenführung statt, die einen Einblick in die Gemeinschaften und ihre Bräuche ermöglichen.
Ende des Monats finden zudem Lesungen und Autor:innengespräche statt, für die die Romanautorin Lena Gorelik sowie die Autoren Ozan Zakariya Keskinkılıç und Tawseef Khan im Karlstorbahnhof ihre Werke vorstellen und zum interkulturellen Austausch einladen. Alle Veranstaltungen der JMKT Heidelberg sind kostenfrei.
Carla Scheiff interessiert sich für Kultur und Politik und studiert deshalb Germanistik im Kulturvergleich und Politikwissenschaften. Seit 2021 schreibt sie für den ruprecht und leitet Seite 1-3. Am liebsten widmet sie sich gesellschaftspolitischen Themen und Fragen, die unsere Generation bewegt.