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Vom Umdrehen des „Ja, aber“

von Zarah Janda
19. Mai 2021
in Glosse, Startseite
Lesedauer: 2 Minuten
0
Vom Umdrehen des „Ja, aber“

"Was, wenn wir uns diesen alten Schuh nicht mehr anziehen?" Foto: Gregor Ruttner (Flickr)

In der alltäglichen Diskussion über Klimakrise und Nachhaltigkeit müssen wir nur allzu oft zustimmen und dann mit einem dicken „aber“ widersprechen. Was, wenn wir uns weigern? Was, wenn wir uns diesen alten Schuh nicht mehr anziehen?

Tag für Tag hören wir Aussagen darüber, was wir verändern müssen, um nachhaltiger zu leben. Tag für Tag wird betont, welchen Verzicht ein solches Leben bedeutet. Tag für Tag kann ich es weniger hören.

Und kenne die Situation natürlich selbst nur zu gut. „Ja, wir dürfen nicht alle jedes Jahr nach Mallorca fliegen, aber dafür überlassen wir unseren Kindern eine Welt, in der man noch Kaulquappen in den Bächen findet.“ oder auch „Ja, wir können nicht weiterhin Fleisch kaufen, dass weniger kostet als das Kilo Tomaten, aber dafür kollabieren unsere Ökosysteme nicht demnächst und wir haben überhaupt keine Lebensgrundlage mehr.“

Wieso findet Nachhaltigkeit immer nur im Nachsatz statt? Ist nicht es vielleicht an der Zeit, das „aber“ in eine neue Richtung zu lenken? „Ja, es gibt Technologien, die bereits heute Energie erzeugen können und dabei ressourcenschonend sind, aber die jetzige Regierung bremst aktiv deren Ausbau zum Vorteil einiger weniger Firmen mit starker Lobby.“ Oder vielleicht auch mal dieser Satz: „Ja, es gibt Möglichkeiten, mit veganer Ernährung Leistungssport zu treiben und ein gesundes (oder sogar gesünderes) Leben zu führen, aber das Wissen über gesunde Ernährung wird nicht in der Schule gelehrt und da inzwischen in vielen Haushalten beide Eltern berufstätig sein müssen, um sich die Mieten leisten zu können, fehlt es leider oft auch im familiären Umfeld an Vorbildern.“

Das größte Hindernis unserer Gesellschaftstransformation scheint zu sein, dass die Vorreiter und Gedankenanstoßer, Bessermacher und Bescheidwisser stets in der Defensive sind. Was aber, wenn sie sich, wenn wir uns nicht mehr dorthin stellen lassen? Was, wenn das nächste Mal, wenn uns jemand ins Gesicht wirft, dass man ihm oder ihr den dicken SUV verbieten will, wir nicht mit einem „Ja, aber…(langfristig besser für alle)“ entgegnen, sondern den Spieß einmal umdrehen?

„Die CO₂-Emission von PKWs könnte durch neue Technologien inzwischen halbiert sein, aber durch das Bedürfnis, weiterhin viel Benzin zu verkaufen, fahren jetzt dicke Autos herum, die nicht nur die Luft verpesten und die Städte beengen, sondern mehr Ressourcen verbrauchen als zig Fahrräder.“

Hört sich gar nicht mal so schlecht an. Und es gibt Selbstvertrauen. Wieso müssen wir uns immer rechtfertigen, wenn wir es doch sind, die von einer sauberen, gerechten Welt reden und davon wie wir dorthin kommen? Wieso nicht mal diejenigen, die den Weg dorthin beschwerlich, lang und, so scheint es gelegentlich, unbezwingbar machen zur Verantwortung ziehen?

Möchten wir unsere Gesellschaft verändern, sollten wir in der Argumentation beginnen. Wer trotz Wissen um Klimakrise, Biodiversitätssterben und Armutszunahme an alten Strukturen festhält, muss sich rechtfertigen. Ich bin auf die „Ja, aber“ gespannt.

Von Zarah Janda

Zarah Janda
+ postsBio

Zarah Janda studiert Molecular and Cellular Biology und ist seit dem Wintersemester 2020/21 beim ruprecht dabei. Am liebsten schreibt sie über Wissenschaft im Alltag.

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Tags: Gen und GesellschaftGesellschaftskritikGlossePolitik

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