Interessiert ihr euch auch brennend für alte, weiße Männer im universitären Kontext? Lest ihr gerne kleine Infotafeln mit der Lupe? Unser Redakteur denkt darüber nach, wie man das Unimuseum verbessern könnte
Die Universität Heidelberg kann als erste und älteste Universität Deutschlands auf eine umfangreiche Geschichte von 639 Jahren zurückblicken. Unter dem Motto „Semper Apertus. Stets offen“, wirbt die Universität mit einer offenen und vorurteilsfreien Haltung gegenüber Menschen und Ideen. Zudem bekennt sie sich zur Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen sowie zur Diversität und Gleichstellung aller Mitglieder. Als Wissenschaftsstandort mit Fokus auf zeitgemäße Werte lässt sich eine ebenso kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte erwarten.
Ins Universitätsmuseum in der Alten Universität in Heidelberg können Besucher:innen mit Ermäßigung für 4,50 Euro und Erwachsene für 6 Euro Eintritt. Getragen wird das Museum im Wesentlichen von einer kleinen Gruppe ehrenamtlicher Helfer:innen, die die Tickets verkaufen und allgemeine Fragen beantworten. Zudem besteht die Möglichkeit, von einem elektronischen Tourguide in deutscher und englischer Sprache begleitet zu werden.
Die 1996 eröffnete Ausstellung ist in drei Räume gegliedert: Der erste Raum befasst sich mit dem Zeitraum von der Gründung im Jahr 1386 bis zum Jubiläum 1786. Daran anschließend wird im zweiten Raum die Universität im 18. Und 19. Jahrhundert dargestellt, bevor im dritten und letzten Ausstellungsraum die Rolle im 20. Jahrhundert beleuchtet wird.
Beim Betreten des Museums wird das Ziel schnell klar: Von Porträts über lange Texte bis hin zu verschiedenen Ausstellungsstücken wird der Versuch unternommen, möglichst ausführlich die Universitätsgeschichte abzubilden. Die Texte, die mit kleiner Schrift auf Glas-platten gedruckt und sehr niedrig positioniert sind, erweisen sich teils als schwer lesbar und überfluten den Betrachter mit Informationen, die in ihrer Masse nur schwer zu erfassen sind. Der Bezug zu den Ausstellungsstücken bleibt teilweise unklar, häufig werden Fachbegriffe wie der „Heidelberger Katechismus“ verwendet, ohne sie sinnvoll zu definieren. Zwar gibt es an einigen Exponaten überarbeitete und deutlich besser lesbare Beschreibungen, dies verbessert den Gesamteindruck aber kaum. Diese Reizüberflutung mündet in einer schwierigen Orientierung in den Ausstellungsräumen, da keine eindeutige Bewegungsrichtung vorgegeben wird. Dadurch wird ein chronologisches Erleben der Ausstellung, so wie es in den Räumen logisch erscheint, enorm erschwert. Es lohnt sich daher, bereits vor dem Besuch der Ausstellung das Beiheft mit ausführlicheren Informationen durchzuarbeiten. In Leseecken gibt es diese Möglichkeit auch während des Besuchs, sodass auch kurze Verschnaufpausen möglich sind.
Im Fokus stehen vor allem die Männer hinter der Wissenschaft
Ein besonderer Fokus des Museums liegt zeitgeschichtlich auf dem Nationalsozialismus sowie den Naturwissenschaften des 19. Jahrhunderts. Gerade bei Letzteren werden interessante Modelle präsentiert, die allerdings etwas fremd in den Räumlichkeiten wirken, da der Bezug zu den anderen Exponaten fehlt. Im Vordergrund stehen außerdem vor allem die Männer hinter den wissenschaftlichen Errungenschaften: Angaben zu unterstützenden Ehefrauen oder anderen beteiligten Laborpartner:innen finden sich nicht. Wenige Angaben werden zu Frauen gemacht, welche sich vor allem auf die ersten weiblichen Studentinnen und Lehrenden beschränken. Gerade an dieser Stelle besteht noch eindeutig Verbesserungspotenzial.
Somit hinkt die Uni ihren eigenen Ansprüchen hinterher: In einer knapp 31 Jahre alten Ausstellung präsentiert sie ein Bild der eigenen Geschichte, dessen Schwerpunkte sich als nicht mehr zeitgemäß erweisen. Neben einer methodisch-praktischen Überarbeitung in der Raumkonzeption ist eine aspektorientierte Darstellung der Universitätsgeschichte essenziell. Die Universität darf sich trauen, einen epochenübergreifenden thematischen Fokus zu setzen, ohne dabei den Anspruch zu verfolgen, alles abbilden zu wollen. Dennoch kann sich das Bewusstsein der Uni für die Problematik der Ausstellung in einem Auftrag, diese neu zu konzipieren zeigen. Auch wenn die Ausstellung bis zu einer möglichen Neugestaltung weiterhin ein männlich-dominiertes Bild der Geschichte abbildet, wäre eine Neukonzeption definitiv der Schritt in die richtige Richtung.
Von Eric Klimmer
...studiert Geschichte und Biologie, seit April 2025 schreibt er für den ruprecht. Er interessiert sich besonders für gesellschaftlich relevante und wissenschaftliche Themen.








