Schaumschlacht, Taufe, Rummachen: In der Ersti-Woche wird der neue Lebensabschnitt Studium kräftig gefeiert. Wir stellen euch internationale Traditionen vor
Das neue Wintersemester beginnt in Heidelberg. Das Wetter wird kälter, die Bäume färben sich gold und Tausende neue Studierende ziehen in die Stadt. Überall finden Veranstaltungen der Erstiwochen statt und Kneipentouren füllen die Untere. Traditionen sind ein wichtiger Teil dieser Erstiwochen – Stadtrallyes und Fakultätsbrunches stehen häufig im Programm der Fachschaften. Doch welche Traditionen gibt es für neue Studierende im Ausland? Hier eine Auswahl extravaganter und wilder Rituale.
Lebensgefährlicher Farbstoff
In Kanada heißen die Erstiwochen Frosh Weeks und werden von Fakultäten und Studierendenschaften organisiert. Frosh ist dabei ein Slangwort für „Freshman“. Das Besondere ist ein zentrales Ritual bei den Ingenieurwissenschaften: Neue Studierende werden violett gefärbt. Seit den 1980er-Jahren ist diese Tradition an der Queen’s University, der University of Western Ontario und vor allem an der University of Toronto verbreitet. Da ist Kristallviolett Teil der Identität der Ingenieurstudierenden – woher genau diese Verbindung stammt, ist unklar. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Referenz zu den Farben der Ingenieurabteilungen im Militär. Die Tradition ist jedoch umstritten, da mit der aktuellen Verwendung des Farbstoffes gesundheitliche Risiken wie Krebsgefahr verbunden sind. Heute wird nach einer sicheren Alternative zu Kristallviolett gesucht.
Make-out Party
An der Stanford University in Kalifornien wird eine besondere Tradition gepflegt. Bei der Full Moon on the Quad versammeln sich Studierende auf dem „Main Quad-rangle“ des Campus (daher das Slangwort „Quad“) und küssen einander. Die Veranstaltung findet traditionell beim ersten Wintervollmond statt und begann ursprünglich als Begrüßung für Erstis. In den 1940er-Jahren schenkten ältere männliche Studierende neuen Studentinnen Rosen und gaben ihnen einen Kuss. Heute nehmen Studierende aller Semester, Geschlechter und sexuellen Orientierungen teil, organisiert wir die Veranstaltung von Juniors. In den letzten Jahren wird – selbstverständlich – großer Wert auf die Einhaltung von Zustimmung und Sicherheit gelegt. Kürzlich wurde ein Ampelsystem mit leuchtenden Armbändern eingeführt: Rot für Rosen, Gelb für Umarmungen und Grün für Küsse.
Schaumschlacht
Der Raisin Monday findet seit 1413 an der University of St. Andrews in Schottland statt. Dabei handelt es sich um eine Tradition, bei der die Erstis symbolisch von älteren Studierenden „adoptiert“ werden. Die Erstis – traditionell „Kinder“ genannt – tragen ausgefallene Kostüme und nehmen an Spielen teil. Viele dieser „Familien“, die sich erst zum RaisinWeekend kennenlernen, bleiben über das gesamte Studium befreundet – manchmal sogar darüber hinaus. Der Name geht auf eine alte Gewohnheit zurück, bei der die „Kinder“ ihren „Eltern“ Rosinen schenkten. Nach Ende der Spielzeit erhalten die Erstis das sogenannte Raisin Receipt – ein besonderes Objekt, das mit ihren Kostümen verbunden ist und eine lateinische Gravur trägt. Zum Abschluss gibt es eine große Schaumschlacht auf dem Lower College Lawn, bei der alle Erstis in Kostümen mit Rasierschaum gegeneinander antreten.
Gefrierende Taufe
In Finnland findet am 1. Mai Vappu statt – ein landesweiter Feiertag für Frühlingsanfang und Semesterende. Besonders Ingenieurstudierenden haben für Vappu eigene Rituale. In dem Kontext wird das Wort oft als „Wappu“ geschrieben, um die studentische Variante des Festes hervorzuheben. Zu den bekanntesten Traditionen gehören das Tragen farbenfroher Overalls und gemeinsame Picknicks. In der Stadt Tampere hat sich innerhalb der Wappu-Feier ein besonders wildes Ritual etabliert: das Teekkarikaste – die Taufe der Erstis durch Eintauchen in die eiskalten Stromschnellen des Tammerkoski. Tausende Zuschauer:innen versammeln sich am Flussufer, während zwei Kräne Körbe mit den Erstis über den Fluss heben. Diese werden nacheinander in die Strömung getaucht. Es heißt, dass die Fuksis (Erstis) im Fluss „sterben“ und als Teekkaris (Studierende) wieder daraus hervorgehen.
Von Mauricio Cabanillas







