Oslo: Metropole im Strickpulli
Ob wirtschaftlich, politisch oder kulturell – Oslo ist das unbestrittene Zentrum des Landes. Mit knapp 700 000 Einwohner:innen ist die Hauptstadt die größte Stadt Norwegens, auch wenn sie im Vergleich zu anderen europäischen Städten eher klein ist. So fühlt sie sich schon nach ein paar Tagen familiär an.
Vor allem beim Reisen in andere Teile Norwegens wird der große Unterschied zum Rest des Landes deutlich. Die anderen Städte sind bedeutend kleiner als die Hauptstadt und vor allem eins: ziemlich weit weg. Norwegen ist ein großes Land, und einige Orte im Norden sind nur mit dem Flugzeug zu erreichen, wenn man nicht 40 Stunden im Bus verbringen möchte. Dafür ist Oslo gut an Schweden und Dänemark angebunden.
Auch für Erlebnisse in der Natur muss man nicht weit reisen: Zwar kann die Gegend um Oslo nicht mit den steilen Fjorden im Westen mithalten, sehenswert ist sie trotzdem. Direkt vor der Stadt liegen kleine Inseln im Fjord, und man ist schnell in der sogenannten Oslomarka, dem umliegenden Waldgebiet. Am Wochenende wird hier nicht nur gewandert und gepicknickt, sondern auch in Hütten übernachtet.
Überrascht hat mich das gute Wetter, das meinen Vorstellungen von Norwegen nicht entsprochen hat: Nach einigen sommerlichen Wochen im August und September war auch der Herbst noch sonnig, und die bunte Natur sehr eindrucksvoll. Erst Ende Oktober wurde es kalt, nass und dunkel, wie man das auch aus Heidelberg kennt.
Der Campus der Uni in Oslo liegt im Westen der Stadt, etwas abseits des Zentrums, und beherbergt alle Fakultäten außer der Juristischen. Außerdem findet man hier einen eigenen Supermarkt, einen Buchladen, einen Friseur sowie verschiedene Cafés, die zum Teil ehrenamtlich von Studierenden betrieben werden. Leider sind auch in der Mensa die hohen Preise zu spüren, aber dafür gibt es in einigen Cafés aber Kaffee für unter zwei Euro.
Ansonsten spielt sich das Studierendenleben mehr in den Wohnheimen der Universität ab, in denen die meisten Studierenden leben. Sie sind über die ganze Stadt verteilt und bilden zum Teil sogar eigene Viertel mit Bars und Supermärkten. So kann es schnell passieren, dass man mehrere Tage nur zwischen der Uni und den Wohnheimen pendelt. Trotzdem ist das Studierendenleben nicht von der Stadt zu trennen: Neben unzähligen Museen gibt es regelmäßig Kultur- und Musikfestivals sowie eine große Szene mit Bars, Clubs und Konzerten.
Zuletzt ist Oslo aber auch eine Stadt der Gegensätze. Neben Kultur und Studierenden gibt es trotz des starken Sozialstaats Obdachlosigkeit und Armut, auch in einem der reichsten Länder der Welt. Außerdem trennen große Einkommensunterschiede die wohlhabenden Viertel im Westen der Stadt von denen im Osten, in denen traditionell Arbeiter:innen und heute viele Immigrant:innen leben. (jli)
Ein Semester in Bergen
Bergen ist die regenreichste Stadt Europas und der Ort meines Erasmusaufenthalts. Die rund 248 Regentage im Jahr waren also schon einmal nicht Grund meiner Studienortswahl.
Stattdessen lachten mich die Bilder der bunten Holzhäuser an, die ich bei Google fand.
Außerdem schien die Stadt mit ihren 270 000 Einwohnern eine überschaubare Größe zu haben.
Allerdings ist die größte Besonderheit Bergens wohl die unmittelbare Nähe zur Natur. Man läuft im Stadtzentrum los und eine Dreiviertelstunde später findet man sich auf einem Berg mit Blick auf den Fjord wieder. Umgeben ist die Stadt von sieben solcher Berge.
Im Frühjahr gibt es eine große Wanderveranstaltung, bei der mehrere tausend Teilnehmer:innen die sieben Berge an einem Tag erwandern. Das sind mehr als 35 Kilometer und 2400 Höhenmeter. Allerdings nutzen viele Norweger:innen die Berge auch im Alltag für ihre tägliche Joggingrunde. Am Wochenende bietet es sich außerdem an, Ausflüge zu anderen Wanderrouten außerhalb Bergens zu unternehmen. Somit ist es kein Wunder, dass sich in Bergen auffallend viele wanderlustige und sportbegeisterte Erasmus-Studierende wiederfinden.
Aber auch für nicht wanderbegeisterte Studierende hat Bergen überraschend viel zu bieten. So gibt es mehr als hundert sportliche, kulturelle und soziale Organisationen der Universität Bergen. Ich war zum Beispiel im Tennisclub und in der Jazzband der juristischen Fakultät aktiv. Diese Organisationen sind eine tolle Möglichkeit, um Norweger:innen kennenzulernen, da man sonst nur schwer aus seiner „Erasmus-Bubble“ herauskommt. Die meisten Erasmus-Studierenden wohnen nämlich in dem Studentenwohnheim Fantoft, das ungefähr 25 Minuten vom Stadtzentrum entfernt liegt.
Eine Besonderheit, die ich aus Heidelberg nicht kenne: Jede Fakultät hat ihre eigene Bar, in der Studierende ehrenamtlich arbeiten. So können Getränke und Essen zu für norwegische Verhältnisse günstigen Preisen angeboten werden.
Doch auch sonst ist in Bergen immer viel los. Während meines Aufenthalts konnte ich schon das Food Festival, das Film Festival sowie den jährlichen Weihnachtsmarkt miterleben. Zudem gibt es regelmäßig Konzerte in den berühmten „Grieghallen“, die Studierende zu besonders ermäßigten Preisen besuchen können. Selbst wenn man also nicht durch und durch Naturbursche ist, kann man auch in Bergen eine tolle Zeit haben.
Ungünstig ist Bergens Lage an der Westküste Norwegens nur, wenn man Besuch aus Deutschland erwartet, da es nur sehr wenige Direktflüge gibt. Und auch, wenn man selbst eine längere Reise innerhalb Norwegens unternehmen möchte, muss man oft erst nach Oslo reisen, um von dort an das eigentliche Ziel zu gelangen.(lak)
Laura Kress studiert Jura und schreibt seit dem WiSe 2020 für den ruprecht. Besonders gerne widmet sie sich Themen im Hochschulbereich oder verfasst Glossen.
Julia studiert Geschichte und Germanistik und ist seit 2020 beim ruprecht aktiv. Nach der Leitung der Ressorts Studentisches Leben und Weltweit interessiert sie sich inzwischen vor allem für das Layout.