In Australien hüpft ein Känguru hinter einen Busch. Ein Kojote rennt in den USA über den Highway. In einer Halle tanzen Jugendliche den südafrikanischen Gumboot-Dance, einen Gummistiefel-Tanz. Der Ort des Geschehens: Heidelberg. Weltweit gibt es 13 Orte und zahlreiche Stadt- oder Gemeindeteile mit diesem Namen – aber inwiefern unterscheiden sich die Heidelbergs von „unserem“ Heidelberg?
Allein in den USA finden sich neun Heidelbergs. Die Gemeinde Heidelberg in Minnesota (MN) ist nur eine Meile lang, eine halbe Meile breit und zählt 137 Einwohner:innen. Dennoch hat sie einen Bürgermeister, einen Stadtverwalter, einen Schatzmeister und vier Stadtratsmitglieder. Zum Vergleich: der Gemeinderat der Stadt Heidelberg in Deutschland besteht aus 48 Vertreter:innen. Außer einem Rathausgebäude gibt es in Heidelberg (MN) eine Autowerkstatt, eine Metzgerei, einen Friedhof und eine katholische Kirche. Ihren Namen bekam die Gemeinde Ende der 1850er Jahre von zwei deutschen Einwanderern zu Ehren ihrer Heimat verliehen.
Auch heute liege dort noch ein Gefühl von Deutschland in der Luft, erzählt Missy Edwards Miller, Sachbearbeiterin in Heidelberg (MN). Hin und wieder höre man die Sprache und definitiv einen deutschen Akzent, wenn eine:r der Älteren Englisch spricht. Auch die umliegenden Städte sind eine Mischung aus deutschem und tschechischem Erbe, so trägt eine andere Gemeinde beispielsweise den Namen New Prague. Im Umland gibt es zudem mehrere Orte, die ein Oktoberfest feiern. Im rund 1200 Kilometer entfernten Heidelberg Borough in Pennsylvania gehört das Oktoberfest ebenfalls zur Tradition. Jedes Jahr versammeln sich die Bürger:innen der Gemeinde im Heidelberg Park, um das von Freiwilligen organisierte Fest zu feiern.
Zwei weitere Heidelbergs existieren auch in Südafrika. Das Heidelberg in der Provinz Gauteng wurde ursprünglich von einem deutschen Geschäftsmann in den 1880ern, als die europäische Kolonialisierung Afrikas in vollem Gange war, als Handelsstation gegründet. Die Verbindung zur namensgebenden Stadt besteht noch immer: Im Jahr 2006 unterschrieben die Oberbürgermeisterinnen von Heidelberg, Deutschland und Heidelberg, Gauteng eine Charta der Freundschaft. Die Verbindung zeigt sich auch an Projekten wie dem des Heidelberger Radhofs: Seit 2012 werden hunderte Fahrräder nach Ratanda gebracht, einem Vorort Heidelbergs, der keinen öffentlichen Nahverkehr hat. Die Räder dienen dort nicht nur als Fortbewegungsmittel, sondern auch als Zeitvertreib, denn Freizeitangebote sind rar und werden dankend angenommen. Die Arbeitslosenquote im Township ist sehr hoch und die Versuchung von Drogen und Alkohol besonders für die Jugend groß. Umso wichtiger ist es, Alternativen für sie zu schaffen. Das tut auch die Corroboration Gumboot Dance Company, eine Jugendgruppe für traditionell afrikanischen Gummistiefel-Tanz, oder der Lesedi Show Choir, die beide schon Auftritte im deutschen Heidelberg hatten.
Allerdings sind Einwander:innen und ihre Heimatverbundenheit nicht immer der Grund für die Namensgebung der Heidelbergs: Die Heidelberg University in Tiffin, Ohio erhielt 1850 ihren Namen aufgrund des Heidelberger Katechismus, einem der international einflussreichsten Handbücher für christliche Glaubensfragen. Rund hundert Jahre später begann die Heidelberg University eine Kooperation mit der Ruprecht-Karls-Universität, um Studierenden die Möglichkeit des Austauschs zu geben, berichtet Martin Kley, Resident Director der Heidelberg University. Außerdem erzählt er vom Maskottchen Student Prince der Universität. Die Figur ist auf die amerikanische Operette The Student Prince in Heidelberg zurückzuführen, die wiederum auf dem deutschen Schauspiel Alt-Heidelberg basiert. The Student Prince erhielt aufgrund seiner Beliebtheit große touristische Relevanz für die deutsche Universitätsstadt und wurde infolgedessen von 1974 bis 2000 jährlich bei den Heidelberger Schlossfestspielen in der englischen Originalversion aufgeführt.
Auch wenn sich die verschiedenen Heidelbergs kulturell kaum ähneln, haben sie eines gemeinsam: Die allgegenwärtigen Spuren, die zum namensgebenden Ursprung Heidelberg zurückführen.
Eileen Taubert studiert Französisch und Germanistik. Seit 2022 schreibt sie für den ruprecht über die kleinen und großen Fragen des studentischen Alltags.