Anmerkung: Die beiden parteilosen Kandidaten Mathias Schmitz und Sassan Khajehali wurden nicht mehr berücksichtigt, da sie bei Redaktionsschluss am 16.10. weder ein vollständiges Wahlprogramm vorgelegt hatten noch über eine relevante mediale Präsenz verfügten. Informationen über diese Kandidaten findet ihr auf der Seite der Landeszentrale für politische Bildung oder in der OB-Wahl-Sonderbeilage des aktuellen Stadtblatts.
Warum wollen Sie Eckart Würzner als OB ablösen?
Björn Leuzinger: Nach 16 Jahren Regentschaft Würzi ist es Zeit für einen OB, den Heidelberg auch verdient hat: einen sehr guten Turbopolitiker der Partei Die PARTEI!
Bernd Zieger: OB Würzner ist bereits 16 Jahre im Amt und es ist Zeit für einen Wechsel. Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums wurde nicht konsequent angegangen. Großprojekte des OB wie Konferenzzentrum und Neckarufertunnel sind nicht zeitgemäß.
Alina Papagiannaki-Sönmez: Bereits zweimal wurde das Gleiche getan. Eckart Würzner hat sogar eine zweite Chance bekommen, um seinen Worten Taten folgen zu lassen. Und dennoch zeigen vier Bürger:innenentscheide, dass während seiner Amtszeiten die Kluft zwischen den Bürger:innen Heidelbergs und der Stadtverwaltung immer größer geworden ist. Um diesen Wahnsinn zu unterbrechen, brauchen wir eine Veränderung in Person.
Sofia Leser: Heidelberg verdient eine Moderation aller Interessen. Dieser kooperative Ansatz darf als Demokratiefortschritt gerne die Partei- und Klientelpolitik ablösen. Ich arbeite seit Jahren für eine gesunde Gesellschaft und möchte das als OB weiterführen.
Was qualifiziert Sie für das Amt?
Björn Leuzinger: Wie die letzten 16 Jahre gezeigt haben, braucht man absolut gar keine Qualifikationen für dieses Amt. Ich bin allerdings faul, clever, sehr gut und entscheidungsfreudig (manchmal hilft mir 1 Bier dabei).
Bernd Zieger: Ich habe jahrzehntelange Erfahrungen in der politischen Arbeit. Mehr als zehn Jahre bin ich Betriebsratsvorsitzender. Seit 2014 bin ich im Gemeinderat und im Aufsichtsrat der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GGH.
Alina Papagiannaki-Sönmez: Eine OB-Wahl ist eine Persönlichkeitswahl. Mit meiner Kandidatur habe ich mich bewusst dazu entschieden, die Verantwortung für das Schicksal der Stadt, für die ich mich seit vielen Jahren gesellschaftlich sowie ehrenamtlich und 14 Jahre lang als Unternehmerin eingesetzt habe, zu übernehmen. Ich bin parteilos und vertrete nur die Interessen als Bildungs- und Kulturaktivistin. Als Gebäudereinigermeisterin setze ich mich für den Umweltschutz und Inklusion als Unternehmerin, Ausbilderin und Fachlehrerin ein – seit dem ersten Tag meiner Ausbildung bis heute.
Sofia Leser: Eine lange Liste an unternehmerischem und ehrenamtlichem Engagement für eine funktionierende gesunde Gemeinschaft. Auch unser Grundgesetz verlangt einen Fokus auf Gemeinwohl. Diesen verfolge ich beruflich und privat und möchte ihn zum Wohle aller auch in das OB-Amt tragen.
Welche politischen Herausforderungen muss Heidelberg bis 2030 lösen?
Björn Leuzinger: Sicherlich, zweifelsfrei, ganz offensichtlich, ohne Frage, völlig eindeutig, das ist klar wie Kloßbrühe, ich würde da schon sagen, dass um mal zum Punkt zu kommen das Wesentliche in der Herausforderung selbst, also im Kern der Sache an sich, Sie wissen was ich meine, liegt
Bernd Zieger: Es müssen jährlich mindestens 800 neue Wohnungen bereitgestellt werden, darunter 400 geförderte Sozialwohnungen. Gleichzeitig muss die Klimaneutralität durch den Übergang zu 100 Prozent Ökostrom und eine radikale Verkehrswende hergestellt werden.
Alina Papagiannaki-Sönmez: Die bisherige Alibi-Funktion der Bürger:innenbeteiligung als Vorzeigeinstrument der Demokratie ist für die Zukunft untragbar. Wir müssen den roten Faden, der uns im Labyrinth der Krisen und der Limitierungen im Handeln und Tun verlorengegangen ist, wiederfinden und ergreifen.
Sofia Leser: Ich möchte allen gerechte Teilhabe zugestehen. Ökologisch, sozial, politisch und auch wirtschaftlich. Wir müssen gesellschaftlichen Zusammenhalt in Zeiten der kommenden Rezession und der stetig wachsenden Klimakrise sicherstellen.
Wie wollen Sie das politische Miteinander in Heidelberg verbessern?
Björn Leuzinger: Allein schon mit Wegfall des aktuellen OB wird das politische Miteinander erheblich verbessert.
Bernd Zieger: Hierzu ist mehr Offenheit eine wichtige Voraussetzung. Die Transparenz bei politischen Entscheidungsprozessen möchte ich deutlich verbessern. Offen soll neu über die Strategie der städtischen Wohnungsbaugesellschaft diskutiert werden.
Alina Papagiannaki-Sönmez: Bürger:innenbeteiligung muss in Heidelberg als zentraler Anker der Kommunalpolitik effektiv in alle städtischen Ziele integriert werden.Das Bündeln von gesellschaftlichem Engagement und Expertise wird der maßgebliche Aspekt meiner Stadtpolitik sein. Nur so können wir das politische Miteinander in Heidelberg verbessern.
Sofia Leser: Mit Toleranz und Empathie. In der Bevölkerung unserer Stadt liegt ein unermessliches soziales, kreatives und damit politisches Potenzial. In einem ständigen Dialog zwischen den Bürger:innen und einer Politik des Zuhörens werden wir unsere Stadt gemeinsam verwalten.
Was beschäftigt junge Menschen in der Stadt zurzeit am meisten?
Björn Leuzinger: Steigende Bierpreise, glaube ich. Deshalb wird es mit mir eine Bierpreisbremse geben.
Bernd Zieger: Das wichtigste Thema neben Verkehr ist auch für junge Menschen die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Weiterhin wichtig sind Themen wie selbstverwaltete Räume zum Beispiel für Kulturprojekte und ein aktives Nachtleben.
Alina Papagiannaki-Sönmez: Jungen Menschen in Heidelberg fehlen sozialgerechte Angebote von Räumen zum Wohnen, Begegnen und kreativem Entfalten ihrer Persönlichkeit. Zusätzlich gibt es nicht genügend kulturelle sowie altersgerechte Freizeitangebote, um allen die sozialgerechte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Sofia Leser: Vieles. Unser respektloser Umgang mit der Natur. Der Leistungsdruck. Psychische Erkrankungen und Belastungen. Bezahlbarer Wohnraum. Die steigenden Lebenskosten. Der Wunsch nach Frieden. Gesellschaftlich ernst genommen zu werden. Die Frage nach Freiräumen.
Was sind für Sie aktuell die drei wichtigsten kommunalpolitischen Themen?
Björn Leuzinger: Verkehr, Wirtschaften, irgendwas mit Sozial. Deshalb: Zeppeline, Sperrzeiten abschaffen und Bierbrunnen.
Bernd Zieger: Das ist die Schaffung bezahlbaren Wohnraums, der Klimaschutz sowie das Thema Soziales und Armutsbekämpfung.
Alina Papagiannaki-Sönmez: Inklusion, Klimaschutz und Vielfalt.
Sofia Leser: Wir müssen in Heidelberg den sozialen Frieden absichern – im Kontext von Inflation, Energiepreisen, Wohnraum und mangelnder politischer Meinungsdiversität. Das Greenwashing beenden und mit einem respektvollen Umgang mit der evolutionären Natur anfangen.
Wie würden Sie schnell und konkret bezahlbaren Wohnraum für Studierende schaffen?
Björn Leuzinger: Mit dem Faulenwohnheim im Faulen Pelz.
Bernd Zieger: Das Studierendenwerk muss mehr Wohnheime bauen mit Mietpreisen von sechs Euro pro Quadratmeter. Gleichzeitig brauchen wir Räume für selbstverwaltete Wohnprojekte. Dafür gibt es sowohl Platz auf dem Patrick-Henry-Village als auch in anderen leerstehenden Häusern.
Alina Papagiannaki-Sönmez: Eine schnelle Lösung kann nur durch die aktive Nutzung und Umnutzung von Leerräumen in Heidelberg gewährleistet werden. So kann sofort und konkret bezahlbarer Wohnraum für Studierende geschaffen werden.
Sofia Leser: Sozial und aufrichtig naturschonend bauen, anstatt viele Flächen zu verkaufen und dem freien Markt zu überlassen. Dieser ist gut, jedoch braucht er im Bereich der Existenzgrundlagen (Bildung, Wohnen, Lebensmittel, Gesundheit) einen Rahmen, der die Menschenwürde für alle absichert.
Wie würden Sie die Kultur in Heidelberg fördern?
Björn Leuzinger: Mit der Theaterkategorie Bourgeoise Exklusiv Deluxe sparen wir jährlich fünf Millionen Euro. Diese werde ich in Subkultur investieren.
Bernd Zieger: Ich mache mich für kleinere, alternative und queere Kulturprojekte stark. Wichtig ist, dass für diese preisgünstig oder sogar kostenlos Veranstaltungs- und Proberäume zur Verfügung gestellt werden. Die Kinos in der Altstadt müssen erhalten bleiben.
Alina Papagiannaki-Sönmez: Das Recht auf Kunst und Kultur muss, gerade in Krisenzeiten, besonders geschützt werden. Kultur, die erlebbar für alle ist, ist systemrelevant und benötigt Raum, um ihre Vielfalt entfalten zu können. Gezielt möchte ich Kulturpolitik in Heidelberg fördern, die ihren Blick sozialgerecht auf die Vielen richtet. Gemeinsam mit Kunst- und Kulturschaffenden, mit Kulturvereinen und Kulturinstitutionen möchte ich mich für zielgerechte Finanzierung und für passfähige Förderprogramme mit zugänglichen Förderrichtlinien einsetzen.
Sofia Leser: Indem wir den bereits existenten Kulturvereinen mehr Gestaltungsraum geben. Wir haben viele Initiativen, die die kulturelle Vielfalt der Stadt beleben trotz der Steine, die die Stadt in den Weg legt. In Kooperation wird die Kultur in der Stadt aufblühen.
Wie stehen Sie zu kostenlosem Nahverkehr in Heidelberg?
Björn Leuzinger: Schwarzfahren muss bezahlbar bleiben! Deshalb führt Die PARTEI aktuell wieder das 9-Euro-Ticket ein
Bernd Zieger: Schon seit 2015, das heißt lange bevor der OB dies tut, setzen wir uns als Linke-Fraktion für den kostenlosen Nahverkehr ein. Das jetzt eingeführte 3-Euro-Ticket begrüße ich daher sehr und es sollte länger als ein Jahr bestehen.
Alina Papagiannaki-Sönmez: Im Idealfall wird der ÖPNV kostenlos für alle angeboten. Dadurch werden die Mobilitätskosten aller Bürger:innen drastisch gesenkt und die soziale Teilhabe gefördert. Ich bin davon überzeugt, dass auch nur so der städtische Autoverkehr ohne Verbote aktiv verringert werden kann. Durch kostenlosen ÖPNV geben wir allen die Möglichkeit, eine klimafreundliche Mobilität ohne bürokratische Hürden zu nutzen.
Sofia Leser: Ein kostenloser ÖPNV muss Bundesweit festgelegt werden. Für Heidelbergs momentane finanzielle Ressourcen leider nicht umsetzbar. Wir benötigen daher ein kostengünstiges und attraktives Monatsticket, das mindestens im gesamten VRN-Gebiet gilt.
Zu welchen radikalen Schritten wären Sie bereit, um den Klimaschutz in Heidelberg auszubauen?
Björn Leuzinger: Neckar einfrieren.
Bernd Zieger: Den Abriss/Neubau von 73 Prozent der Gebäude auf PHV darf es nicht geben, stattdessen muss saniert werden. Ich bin auch gegen 800 000 Quadratmeter mehr an Gebäuden auf dem Neuenheimer Feld. Das hätte hunderttausende Tonnen zusätzlicher CO2-Emissionen an grauer Energie zur Folge.
Alina Papagiannaki-Sönmez: Im gesamten Stadtgebiet wird ein allgemeines Tempolimit von 30 km/h eingeführt. Geschotterte sowie versiegelte Gärten gehören der Vergangenheit an und bestehende Grünflächen werden für eine Bebauung nicht mehr ausgewiesen.
Sofia Leser: Wenn radikal heißt, die Dinge bei der Wurzel packen, dann kann ich vielen Vorschlägen folgen (zum Beispiel dem Pariser Klimaabkommen), die klug und sozialverträglich sind. Die Bürger*innen haben die besten Ideen. Ich moderiere sie nur, das Ziel muss jedoch klar sein.
Wie würden Sie die Sicherheit im Heidelberger Nachtleben verbessern?
Björn Leuzinger: Junggesellenabschiede aufs Oktoberfest abschieben.
Bernd Zieger: Der Kommunale Ordnungsdienst sollte verstärkt zum Einsatz kommen. Obwohl ein Interessenausgleich zwischen Feiernden, Gastronomie und Anwohnern nicht leicht ist, sollte man dies in Form von „Runden Tischen“ versuchen.
Alina Papagiannaki-Sönmez: Am Abend und in der Nacht würde ich die Frequenz des ÖPNVs erhöhen. Ich möchte Projekte und Programme zur Stärkung der Zivilcourage fördern. Es braucht städtische, digitale Lösungen mit direkter Verbindung für den Notfall, die für Bürger:innen mit und ohne Beeinträchtigung angeboten werden.
Sofia Leser: Schulungen für Barpersonal, Security und AUCH der Polizei. Anlaufstellen zur Aufarbeitung und Lösungsfindung. Einrichtung von Safer Spaces. Aufklärung über Consent. Umsetzung von Awarenesskonzepte. Regelmäßigen und zuverlässigen ÖPNV, günstige Taxiangebote, auch FLINTA*-Taxis.
Was ist Ihr Lieblingsort in Heidelberg?
Björn Leuzinger: Das Babyeinhornreservat im Domgarten.
Bernd Zieger: Ich bin am liebsten im LiteraturCafé der Stadtbücherei.
Alina Papagiannaki-Sönmez: Ich liebe es, auf dem Philosophenweg den Blick über Heidelberg schweifen zu lassen oder auf der Neckarwiese dem Fluss zu lauschen.
Sofia Leser: Es gibt wirklich sehr viele, aber der Emmertsgrund – um ein Beispiel zu nennen – fasziniert mich auf eine besondere Weise.
Philipp Rajwa hat in Heidelberg Informatik studiert und war zwischen 2020 und 2023 Teil der ruprecht-Redaktion. Ab dem WiSe 2021 leitete er das Feuilleton und wechselte im WiSe 2022 in die Leitung des Social-Media-Ressorts. Im Oktober 2022 wurde er zudem erster Vorsitzender des ruprecht e.V. und hielt dieses Amt bis November 2023.