Ein Guide für digitalen Minimalismus
Als mir ein guter Freund vor einem Jahr ein Buch über „Digital Minimalism“ in die Hand drückte und meinte, es würde nahezu all meine Probleme lösen können, war ich noch recht skeptisch. Digital Minimalism, was ist das überhaupt in unserer Generation? Unser Alltag ist von ständiger digitaler Kommunikation geprägt. Auch wenn manche Mitteilungen durchaus sinnvoll sind, lenken andere uns unnötig ab und bevor man es merkt, ist schon eine ganze Stunde auf TikTok vergangen. Die digitale Welt, davon haben Menschen schon lange geträumt. Doch bringt der Traum von digitaler Verbundenheit auch ein böses Erwachen mit sich? Gerade Studierende sind häufig in der Schlucht zwischen Instagram und ChatGPT gefangen. Konstant sind unsere Augen an die Folien verschiedener Vorlesungen oder auch an HayDay gebunden (ja, ich sehe dich, und du bist nicht allein).
Technik sollte uns dienen und nicht umgekehrt
Zurück zum Anfang. Vor einem Jahr bemerkte ich, dass weite Teile der digitalen Welt mein Wohlbefinden nicht verbesserten, sondern es mir nach intensiver Nutzung tendenziell schlechter ging. Als ich mich auf Geheiß meines Freundes mit „Digital Minimalism“ beschäftigte, merkte ich dann schnell, das könnte die Lösung für einige meiner Probleme sein. Aber wie können wir diesen Konsum langfristig regulieren, der so tief in unseren Alltag gestrickt ist? Wenn auch du dich gefangen in den sozialen Medien fühlst, fordere ich dich hiermit zu einem kleinen Selbstexperiment auf. Der Autor des Buches „Digital Minimalism: Chasing a focused life in a noisy world”, Cal Newport rät zu einem 30-tägigen Social Media-Detox. 30 Tage lang kein Insta, kein TikTok, kein FOMO. Stattdessen die Frage: Was ist mir wirklich wichtig? Wie möchte ich einzelne Plattformen nutzen? Nach 30 Tagen kann man gewisse Tools wieder integrieren – aber nur, wenn sie einen individuellen Zweck erfüllen. Sind die auserwählten Apps wieder aktiviert, lauert der JoJo-Effekt hinter der nächsten Ecke.
Deshalb sollten wir uns immer wieder unsere Motivation vor Augen führen und den Mut dazu haben, die reale Welt über die digitale zu stellen. Newport ermutigt außerdem zu Zeit für Langeweile und Alleinsein. Das ist gar nicht so trist wie es sich anhören mag, sondern es fördert Selbstreflexion, mentale Gesundheit und Kreativität. Ich setze das am liebsten bei einem langen Spaziergang oder beim Sport um (und nein, auch das muss nicht direkt auf Strava gepostet werden). Um nicht rückfällig zu werden helfen klare Regeln und Routinen. Überlege dir: Wann möchte ich auf die digitalen Medien zugreifen, und wann lege ich das Handy zur Seite? Etwa gebe ich mittlerweile mein Bestes, das Handy vor dem Schlafengehen durch eine gute Bettlektüre zu ersetzen. Denn Technik sollte uns dienen und nicht umgekehrt. Der Aufwand, einen individuellen Plan zu erstellen, wird entschädigt durch eine tiefgreifende Selbstfindung und eine erneute Wertschätzung der eigenen Interessen. Es war wirklich überraschend, wie ich dadurch sogar meine Sportleistungen verbessern konnte. Oder wie viele Bücher ich plötzlich lesen konnte. Vielleicht merkst auch du bald: Digitaler Detox ist kein Rückschritt, sondern ein Schritt zu dir selbst. Denn dein Akku braucht Strom – und du vielleicht etwas Abstand.
Von Fabienne Burkhardt
studiert Anglistik und Geschichte. Aktiv im ruprecht seit Oktober 2024.







