Manchmal merkt man, dass die Universität Heidelberg schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat. Im Saal der Alten Aula lässt sich die Altehrwürdigkeit geradezu einatmen. Genau dort zeigte sich am 22. Juni bei der Verleihung des Lautenschläger-Forschungpreises, wie verstaubt die Institution ist.
Die Kameras liefen, das gesamte Ereignis wurde in voller Länge im Fernsehen ausgestrahlt. Zeit, die Universität und ihre Exzellenz im besten Rampenlicht zu präsentieren. Zwei Frauen – sieh einer an – sollten dieses Jahr den Preis erhalten. Und was sagt der Rektor dazu? „Auf Urkunden wird nicht gegendert!“ Ja, Bernie, wir tun mal so, als hätten Sie gerade nicht den feierlichsten Moment der Zeremonie unterbrochen. Und natürlich spielte die „Genderfrage“, wie Eitel sie nennt, am Ende trotzdem eine Rolle an diesem Tag, nicht zuletzt, weil Wissenschaft immer noch eine Männerdomäne ist. So ist es eben nicht einfach eine nette Idee, am Ende der Zeremonie eine Interpretation von „Girls just wanna have fun“ zu spielen.
Es ist egal, ob die Sängerin Cyndi Lauper gerade ihren 90. Geburtstag feiert. Und ja, das Lied ist eine Hymne des Feminismus. Nur sind viele der anwesenden jungen Wissenschaftler:innen sich dieses Kontextes nicht bewusst. Und auch wenn man den Hintergrund kennt: Ein Lied über das Recht, Spaß zu haben, geht von einem ganz anderen gesellschaftlichen Grundton aus. Am Ende bleibt in der instrumentalen Version des Songs eben doch nur der Titel übrig, und der wirkt komplett deplatziert. Zwei Frauen haben sich enorm verdient gemacht um diese Universität. Sie wollen die Welt verbessern und kämpfen täglich um Forschungsgelder, um Anerkennung, um Respekt. Sie wollen nicht einfach nur Spaß.
Angesichts dieser Veranstaltung hätte der Moderator sich auch nicht entschuldigen müssen, die Preisträgerinnen nach ihren Erfahrungen in einer Männerdomäne zu fragen. Das Thema ist wichtig, unfassbar wichtig. Immer noch scheitern Frauen an Hürden, die Männer gar nicht sehen: Vorurteile, „Imposter-Syndrom“, Mental Load. Und selbst wenn man es dann geschafft hat, Professorin ist und solch einen Preis erhält, muss man auch noch eine Zeremonie wie die Lautenschläger-Preisverleihung aushalten.
Ein Kommentar von Lena Hilf
Lena Hilf studiert Physik und schreibt seit Oktober 2019 für den ruprecht. Besonders gerne widmet sie sich Glossen, die oft das alltägliche Leben sowie wissenschaftlichen oder politischen Themen. Seit April 2021 leitet sie das Ressort Hochschule.